Göttingen (epd). Kommunen dürfen Eltern von über dreijährigen Kindern nicht mit einem Halbtags-Kita-Platz abspeisen. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Betreuung von mindestens sechs Stunden täglich nötig, entschied das Verwaltungsgericht Göttingen in einem am 22. Juli bekanntgegebenen Beschluss vom Vortag. In dem Eilverfahren sah das Gericht die niedersächsischen Regelungen, wonach ein Halbtags-Kita-Platz ausreichend sei, als mit Bundesrecht nicht vereinbar an.
Im Streitfall hatten die Eltern eines dreijährigen Kindes aus der Gemeinde Staufenberg im Landkreis Göttingen im Dezember 2020 einen Kita-Platz beantragt. Die Gemeinde hatte aber wegen der hohen Zahl der Anmeldungen keinen Platz frei. Die Eltern wollten daraufhin im Eilverfahren den zuständigen Landkreis dazu zwingen, ihnen einen Betreuungsplatz zur Verfügung zustellen. Während des Verfahrens bot der Kreis in zwei weiteren Gemeinden einen Platz für den Dreijährigen an.
Beide seien mit einer Wegstrecke mit dem privaten Pkw von mindestens 35 Minuten aber zu weit vom Wohnort entfernt und damit unzumutbar, befand das Verwaltungsgericht. Auch sei der dort gewährte Betreuungsumfang von mindestens vier Stunden an Werktagen für ab drei Jahre alte Kinder zu gering.
Zwar halte das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz einen Halbtagsplatz für ausreichend. Nach dem Sozialgesetzbuch VIII müssten öffentliche Träger der Jugendhilfe aber darauf hinwirken, „dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht“. Damit gehe eine Pflicht zum Angebot eines Ganztags-Kita-Platzes zwar nicht einher, nur einen Halbtags-Platz anbieten gehe aber auch nicht. Letztlich sei eine Betreuung von mindestens sechs Stunden werktäglich angemessen.
Ob die vorhandenen Kapazitäten erschöpft seien, spiele für diesen Anspruch keine Rolle, so das Gericht. Damit der Beschluss des Eilverfahrens gilt, wurden die Eltern zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage verpflichtet, noch Klage einzulegen.
Az.: 2 B 122/21