sozial-Recht

Verwaltungsgericht

Mahnwache vor Pro Familia verletzt Persönlichkeitsrecht Schwangerer



Karlsruhe (epd). Eine 40-tägige Mahnwache von betenden Abtreibungsgegnern direkt vor einer Pro Familia-Beratungsstelle verletzt das Persönlichkeitsrecht ratsuchender schwangerer Frauen. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem am 22. Juli veröffentlichten Urteil entschied, ist ein behördliches Versammlungsverbot an diesem Ort nicht zu beanstanden. Das Persönlichkeitsrecht der Frauen wiege schwerer als die Einschränkungen der Versammlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit der Abtreibungsgegner, entschied das Gericht.

Im Streitfall wollten Abtreibungsgegner der christlichen Lebensrechtsbewegung „40 Days für Life/Lebensrecht ungeborener Kinder“ täglich vom 6. März 2019 bis zum 14. April 2019 von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr vor der Pro Familia-Beratungsstelle in Pforzheim gegen Abtreibungen demonstrieren. Die Versammlung sollte als „tägliche stilles Gebet/Mahnwache“ stattfinden. Es würden 20 Teilnehmer demonstrieren und Plakate und Transparente zeigen, so der Anmelder der Versammlung.

Verbot für Aktion direkt vor dem Eingang

Nachdem die Stadt mit der Gruppierung und Pro Familia „Kooperationsgespräche“ geführt hatte, wurde die Versammlung direkt vor der Beratungsstelle nicht gestattet. Während der Beratungszeiten sei die Versammlung werktags nur „außerhalb direkter Sichtbeziehung zum Gebäudeeingang von Pro Familia“ erlaubt. Denn bei früheren vergleichbaren Aktionen von „40 Days for Life“ hätten sich Schwangere und Pro Familia-Mitarbeiter bedrängt, bedroht und belästigt gefühlt, befand die Stadt.

Die Abtreibungsgegner bestritten diese Vorwürfe. „Blutige Schockfotos“ von abgetriebenen Embryonen würden nicht gezeigt. Die Verfügung der Stadt verletze ihr Recht auf Versammlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit, so die Begründung. Das Verwaltungsgericht billigte indes die Verfügung und urteilte, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der schwangeren Frauen höher zu gewichten sei als die Rechte des Klägers.

Spießrutenlauf befürchtet

Die Frauen müssten eine Schwangerschaftsberatungsstelle ohne „Spießrutenlauf“ erreichen können. Hier komme die angemeldete Versammlung einer mehrwöchigen Blockade durch Abtreibungsgegnern gleich. Die Versammlung sei mehr als eine bloße Meinungskundgabe. Der Ort werde als „Mittel zum Zweck“ eingesetzt, um Frauen von der Beratung fernzuhalten.

Alternative, staatlich anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen als Ausweichmöglichkeiten gebe es mit Ausnahme der Diakonie Pforzheim in der Stadt nicht. Die von Pro Familia vorgebrachten Beschwerden betroffener schwangerer Frauen über Bedrohungen und Stigmatisierungen bei früheren Versammlungen seien zudem glaubhaft, hieß es seitens des Gerichtes.

Az.: 2 K 5046/19