sozial-Recht

Gerichtshof für Menschenrechte

Obduktion nach Tod von Baby verstieß gegen Menschenrechte



Straßburg (epd). Die Obduktion samt Organentnahme bei einem verstorbenen Neugeborenen, die dessen islamisches Begräbnis verhinderte und gegen den Willen der Mutter erfolgte, hat gegen die Menschenrechte verstoßen. Das urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 20. Juli in Straßburg zu einem Fall aus Österreich. Der Frau wurden 10.000 Euro Schadenersatz und 37.796,92 Euro für Auslagen zugesprochen.

Der Junge war im April 2007 zur Welt gekommen und zwei Tage danach an einer Hirnblutung gestorben. Die Mutter und ihr Mann wurden um die Erlaubnis einer Obduktion im Dienste der Wissenschaft gebeten. Als sie ablehnten, weil der Leichnam nach muslimischem Ritus und daher unversehrt beerdigt werden solle, wurde ihnen laut dem Gerichtshof für Menschenrechte mitgeteilt, dass die Obduktion zur Feststellung der Todesursache ohnehin erfolgen müsse.

Keine Informationen über Ausmaß der Obduktion

Bei der Obduktion wurden die inneren Organe entnommen und der Körper danach mit Watte ausgestopft und wieder zugenäht, so das Gericht weiter. Die Eltern erhielten den Leichnam zurück. Sie wurden nach ihren Angaben aber nicht über das Ausmaß der Obduktion aufgeklärt. Am Ende musste das Kind ohne den gewollten Ritus in der Türkei begraben werden.

Die Klagen der Mutter gegen den Krankenhausbetreiber blieben in Österreich letztlich erfolglos. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkannte dagegen auf Verletzung der Religionsfreiheit und des Schutzes des Privat- und Familienlebens. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Az.: 12886/16