Bremen (epd). Die Bremer Arbeitnehmerkammer hat am 7. Juli ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert: Am 8. Juli 1921 verabschiedete die Bremische Bürgerschaft Gesetze über eine Angestellten- und die Arbeiterkammer. 2001 fusionierten beide Kammern zur gemeinsamen Arbeitnehmerkammer. Sie versteht sich als Lobby für abhängig Beschäftigte. In der Arbeitnehmerkammer müssen alle Beschäftigen im kleinsten Bundesland Mitglied sein. Eine ähnliche Einrichtung gibt es in Deutschland nur noch im Saarland. Sie heißt dort „Arbeitskammer“.
Auch nach 100 Jahren seien Idee und Auftrag so aktuell wie bei der Gründung, sagte Kammerpräsident Peter Kruse. „In einer zunehmend digitalisierten Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft ist es von großer Bedeutung, wie Arbeit und finanzielle Ressourcen verteilt sind.“ In Zeiten von Corona drohten zudem noch mehr Jugendliche ohne Ausbildungsplatz zurückzubleiben, verdienten gerade Niedrigverdiener noch weniger als zuvor und verlören Leiharbeitnehmende und prekär Beschäftigte ihre Jobs. „Wir müssen und werden uns deshalb weiterhin für eine gerechte Arbeitswelt einsetzen.“
Maßgeblich mitgewirkt an der Gründung der Arbeiter- und der Angestelltenkammer hat eigenen Angaben zufolge der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert (1871-1925). Als Mitglied der Bremischen Bürgerschaft habe er immer wieder die Einrichtung von Arbeitnehmerkammern gefordert: „Ihm war es wichtig, dass die Beschäftigten eine vergleichbare Interessenvertretung bekamen wie Unternehmen und Handwerksbetriebe.“
Für die künftige Arbeit sieht Kruse vor allem drei Herausforderungen. Die Kammer müsse sich für ein Recht auf Weiterbildung einsetzen, insbesondere für diejenigen, die über keinen anerkannten Berufsabschluss verfügen. „Außerdem darf sich die soziale Spaltung der Gesellschaft nicht fortsetzen, indem die Einkommen weiter auseinander driften und Arbeitsverhältnisse sich weiter in prekär und gut abgesichert von einander wegbewegen.“ Ziel müsse sein, dass wieder mehr Beschäftigte unter einen Tarifvertrag fielen. „Und wir müssen darauf achten, dass die Arbeitsplätze auch unter den Auswirkungen der Digitalisierung im Interesse der Beschäftigten gestaltet werden.“
Die Kammer setzt sich nicht nur politisch für die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein. Sie bietet auch rechtliche Beratung etwa in Fragen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts, in Rechtsfragen der Arbeitslosigkeit sowie zum Insolvenz- und Steuerrecht an. Spezielle Unterstützung gibt es für Personal- und Betriebsräte. Außerdem initiiert die Kammer kulturelle Projekte und organisiert berufliche Weiterbildungen über ihre Wirtschafts- und Sozialakademie.