sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Einzelne "Fürsorgegespräche" nicht mitbestimmungspflichtig



Nürnberg (epd). Arbeitgeber dürfen ohne Zustimmung des Betriebsrates mit einzelnen Arbeitnehmern „Fürsorgegespräche“ wegen ihres Krankenstandes führen. Eine Mitbestimmungspflicht besteht nicht, wenn die Gespräche dem Ziel dienen, die Krankheitsursachen und die damit zusammenhängenden Arbeitsbedingungen zu klären, und die Auswahl der Mitarbeiter keinen abstrakten Kriterien folgt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am 11. Juni veröffentlichten Beschluss.

Konkret ging es um einen Arbeitgeber, der bundesweit ambulante Zentren betreibt, in denen Nierenkranke behandelt und insbesondere einer Dialyse zugeführt werden. Nachdem an einem Standort mit 45 Mitarbeitern eine neue Verwaltungsleitung ihre Tätigkeit aufnahm, wurde auch der Krankenstand des Personals in den Blick genommen. Nur sechs Beschäftigte waren 2018 an keinem Tag arbeitsunfähig erkrankt. Sieben Mitarbeiter fehlten krankheitsbedingt an mehr als 100 Tagen, vier Mitarbeiter an mehr als 50 und weitere vier an mehr als 30 Tagen.

Organisatorische Veränderungen besprochen

Der Arbeitgeber führte mit sechs Mitarbeitern sogenannte Fürsorgegespräche durch. Ziel sollte die Klärung von Zusammenhängen zwischen Krankheitsursachen und Arbeitsbedingungen sein. Zwei Mitarbeiter teilten dem Arbeitgeber nichts über ihre Erkrankungen mit. Bei den anderen wurde unter anderem über organisatorische Veränderungen gesprochen, um Fehlzeiten zu verringern.

Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber daraufhin auf, solche Fürsorgegespräche zu unterlassen. Formalisierte Gespräche, in denen nach Fehl- und Krankheitstagen gefragt werde, seien mitbestimmungspflichtig.

Keine Mitbestimmung bei fallweisen Gesprächen

Das LAG entschied, dass der Betriebsrat keinen Unterlassungsanspruch hat. Formalisierte Krankengespräche würden zwar tatsächlich der Mitbestimmung unterliegen. Dies sei der Fall, wenn die Arbeitnehmer nach abstrakten Regeln für die Gespräche ausgesucht werden, die Gespräche einem formalisierten gleichförmigen Ablauf aufweisen und es um eine betriebliche Aufklärung zur Erkennung der Arbeitseinflüsse auf den Krankenstand geht.

Keine Mitbestimmungspflicht gebe es - wie im konkreten Rechtsstreit - dagegen bei fallweisen Gesprächen mit einem oder mehreren Mitarbeitern in unstrukturierter Form über krankheitsbedingte Ausfallzeiten und möglichen Einflüssen der Arbeit. Es habe keine Regel gegeben, wonach die Mitarbeiter für Fürsorgegespräch ausgesucht wurden. Von den infrage kommenden 39 Mitarbeitern mit Fehlzeiten seien nur sechs ausgewählt worden. Auch seien nicht jene mit höchstem Krankenstand ausgesucht worden. Die Gespräche zielten auf das Arbeitsverhalten der Beschäftigten. Hierfür greife keine Mitbestimmung des Betriebsrates.

Az.: 7 TaBV 5/20