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Behinderung

Grüne: Ausgleichsabgabe darf nicht an Werkstätten gehen



Berlin (epd). Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, hat die Kompensation von Lohnkürzungen in den Behindertenwerkstätten durch die staatliche Ausgleichsgabe scharf kritisiert. Es sei ein „Unding“, dass die Gelder für diesen Zweck verwendet werden, sagte die Politikerin in Berlin. Durch den Ausgleich fehlten Mittel, die die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt fördern sollen. Stattdessen gingen die Zahlungen an ein System, „das so gut wie nichts dazu beiträgt, dass behinderte Menschen den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen.“

Rüffer beruft sich dabei auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Fraktion. Der Bund hat demnach im Jahr 2020 auf die Hälfte seines Anteils aus der Ausgleichsabgabe verzichtet. Zudem sei geregelt worden, dass die Integrationsämter die zusätzlichen Gelder zielgerichtet dafür nutzen können, die Lohneinbußen in den Werkstätten auszugleichen. Dafür habe den Ländern 58,3 Millionen Euro zur Verfügung gestanden. Am 30. Juni werde der Bund den Ländern erneut die Hälfte seines Anteils an den Geldern überlassen, die aus der Ausgleichsabgabe stammen.

Weniger Lohn ist große Belastung

Natürlich müssten Werkstattbeschäftigte, deren Entgelt aufgrund der Pandemie gekürzt wurde, Ausgleichszahlungen erhalten, sagte Rüffer. „Die Kürzung des sowieso schon viel zu geringen Werkstattlohns, ist für die Betroffenen eine enorme Belastung.“ Die Bundesregierung hätte aber genug Zeit gehabt, sich eine Lösung zu überlegen, „die nicht zu Lasten einer inklusiven Teilhabe an Arbeit geht“. Im Frühjahr hatten sich die Grünen dafür ausgesprochen, die entgangenen Löhne aus Steuermitteln zu finanzieren.

In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten, gilt eine Pflichtquote für die Beschäftigung Schwerbehinderter. Diese liegt bei fünf Prozent. Wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht so viele schwerbehinderte Menschen beschäftigen wie vorgeschrieben, müssen sie für jeden dieser unbesetzten Pflichtarbeitsplätze eine Ausgleichsabgabe zahlen. Die Höhe dieser Abgabe liegt zwischen 125 Euro und 320 Euro und hängt davon ab, zu welchem Grad die Unternehmen die Quote verfehlen. Erleichterungen bei den Zahlungen gibt es für kleinere Betriebe und Dienststellen.

Insgesamt 20 Prozent leiten die Ämter an den Ausgleichsfonds des Bundesarbeitsministeriums weiter. Das Ministerium finanziert so Vorhaben und Projekte zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Außerdem erhält die Bundesagentur für Arbeit aus diesem Fonds Gelder zur besonderen Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben.



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