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Familienministerin Giffey wegen Doktortitel-Affäre zurückgetreten




Bundesfamilienministerin Franziska Giffey
epd-bild/Christian Ditsch
Wenige Monate vor der Bundestagswahl und im Wahlkampf um den Bürgermeister-Posten in Berlin tritt Bundesfamilienministerin Giffey von ihrem Amt zurück. Damit zieht sie vorzeitig die Konsequenz aus der möglichen Aberkennung ihres Doktortitels.

Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) tritt wegen einer möglichen Aberkennung ihres Doktortitels zurück. Sie habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um die Entlassung aus ihrem Amt gebeten, teilte Giffey am 19. Mai in Berlin mit. Merkel erklärte, sie habe die Rücktrittsentscheidung „mit großem Respekt und mit ebenso großem Bedauern“ entgegengenommen.

„Belastendes Verfahren“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) führt nun das Familienministerium zusätzlich zum Justizressort bis zur Einsetzung einer neuen Bundesregierung. Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Die SPD-Spitze hatte entschieden, keine neue Ministerin mehr zu benennen. Lambrecht wurde am 20. Mai von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusätzlich zur Familienministerin ernannt.

Giffey reagiert mit ihrem Rücktritt auf den bevorstehenden Abschluss eines erneuten Verfahrens an der Freien Universität Berlin zur Überprüfung von Plagiatsvorwürfen gegen ihre Dissertation. Sie ziehe „bereits heute die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren“, erklärte Giffey: „Damit stehe ich zu meinem Wort.“ Die Mitglieder der Bundesregierung, ihre Partei und die Öffentlichkeit hätten „Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit“, schrieb sie in einer persönlichen Erklärung. Die SPD-Politikerin hatte 2019 angekündigt, ihr Amt aufzugeben, wenn ihr der Doktortitel aberkannt werden sollte.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz sagte, es gebe noch keine Entscheidung darüber, wer nach dem Rücktritt das Ministerium bis zum Ablauf der Legislaturperiode führen wird.

Nach bestem Wissen und Gewissen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) reagierte mit persönlichem Bedauern. Er habe Giffeys „optimistische und immer zugewandte Art“ geschätzt und sie als Ministerin „immer sehr engagiert und sachorientiert erlebt“, erklärte er. Die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ekin Deligöz, kritisierte, es wäre besser gewesen „früher reinen Tisch zu machen und das Amt nachzubesetzen“.

Giffey erklärte, die Freie Universität habe ihr bis Anfang Juni eine Frist zur Stellungnahme zu dem Prüfbericht eingeräumt, die sie wahrnehmen werde. Sollte die Universität zu dem Ergebnis kommen, ihr den Doktortitel abzuerkennen, werde sie die Entscheidung akzeptieren. Sie versicherte erneut, sie habe ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Giffey hatte an der Freien Universität 2009 eine Doktorarbeit über die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft eingereicht und war 2010 promoviert worden.

Plakative Titel

Eine erste Überprüfung der Dissertation im Jahr 2019 hatte nicht zur Aberkennung des Doktortitels geführt. 2020 wurde das Verfahren aber erneut aufgerollt. Seit Ende 2020 verzichtet Giffey bereits darauf, ihren Titel zu führen.

Giffey war seit März 2018 Bundesfamilienministerin und hatte sich durch ihre direkte Art einen Namen gemacht. Sie sorgte unter anderem dafür, dass Gesetzentwürfe plakative Titel erhielten wie etwa das „Gute-Kita-Gesetz“. Eines ihrer wichtigsten Anliegen war die gezielte Förderung von benachteiligten Kindern und deren Eltern.

Seit November 2020 ist die 43-Jährige Vorsitzende der SPD Berlin und deren Spitzenkandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters.

Bettina Markmeyer