Berlin (epd). Mehr als eine Viertelmilliarde Menschen könnte in diesem Jahr einer Studie zufolge in die absolute Armut gedrängt werden. Gründe hierfür seien die Auswirkungen der Corona-Krise, eine weltweit zunehmende Ungleichheit und der Anstieg der Lebensmittelpreise, der seit Beginn des Ukraine-Krieges zusätzlich verstärkt werde, hieß es in einer am 12. April veröffentlichten Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam.
Die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, könnte demnach bis Ende des Jahres auf 860 Millionen weltweit steigen. Sie haben weniger als 1,90 US-Dollar (1,75 Euro) pro Tag zur Verfügung. 2017 lag die Zahl der extrem Armen bei knapp 690 Millionen.
Die Weltgemeinschaft dürfe diese Menschen nicht vergessen, forderte Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland. Die Organisation rief die Bundesregierung auf, die besonders betroffenen Länder entschieden durch höhere Entwicklungshilfe zu unterstützen. Zudem müsse sie sich auf internationaler Ebene für Schuldenerlasse, eine höhere Besteuerung von Vermögen und übermäßigen Gewinnen sowie die Gründung eines Globalen Fonds für soziale Sicherung einsetzen.
Zwei Jahrzehnte Fortschritt zunichte gemacht
Durch die Corona-Pandemie und die zunehmende Ungleichheit werden nach Berechnungen der Weltbank in diesem Jahr 198 Millionen Menschen in die extreme Armut abrutschen. Damit drohen Oxfam zufolge zwei Jahrzehnte des Fortschritts bei der Armutsbekämpfung zunichtegemacht zu werden. Im Jahr 2020 stieg die Zahl der extrem Armen erstmals nach 20 Jahren. Durch die nun massiv steigenden Lebensmittelpreise drohe weiteren 65 Millionen Menschen extreme Armut. Der Studie zufolge sind damit 263 Millionen Menschen akut armutsgefährdet, das entspreche der Bevölkerung von Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Spanien zusammen.
Laut dem Bericht steht eine Reihe von Ländern kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Zugleich müssten die ärmsten Länder der Welt in diesem Jahr Schulden in Höhe von 43 Milliarden Dollar (knapp 40 Milliarden Euro) zurückzahlen. Dieses Geld fehle für die Versorgung der Bevölkerung, beispielsweise mit importierten Lebensmitteln. „Die Weltgemeinschaft hat die Mittel, um alle Menschen aus Armut und Hunger zu befreien“, sagte Hauschild. „Was fehlt, ist der politische Wille.“