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Corona

Hausärzte: Beim Impfen keinen Tag verlieren




Ulrich Weigeldt
epd-bild/GEORG LOPATA/axentis.de
Der Hausärzteverband macht Druck, das Impfen in den Praxen zu beschleunigen. Jeder Tag zähle, sagt Verbandschef Ulrich Weigeldt. "Warum bis zum April warten? Wir stehen bereit", stellt der Repräsentant von über 30.000 Hausärztinnen und -ärzten fest.

Dass Bund und Länder die Hausärzte bei ihrer Impfstrategie gegen Corona über Monate lange nicht auf dem Schirm hatten, ist für Ulrich Weigeldt "ein Versäumnis allererster Ordnung". Jetzt steuere die Politik zwar um, aber noch längst nicht schnell genug, sagt der Bremer Arzt im Interview. Kritik äußert der Verbandschef auch an der schlechten Vorbereitung der Massenschnelltests. Mit ihm sprach Dirk Baas.

epd sozial: Über Monate spielten die Hausärzte keine Rolle bei der Pandemie-Bekämpfung. Jetzt umso mehr. Was plagt die Ärzte vor Ort?

Ulrich Weigeldt: Aktuell unter anderem das Thema der Schnelltests, die ja nun einmal wöchentlich unter anderem auch in unseren Praxen möglich sein sollen. Auf den Ansturm, den ein solches Versprechen der Politik auslöst, waren die Kolleginnen und Kollegen vielerorts nicht vorbereitet. Zu viele Fragen waren auch noch am 8. März, zum Start der Testoffensive, offen. Zudem deckt die geplante Vergütung nicht im mindesten die Kosten und den Aufwand für die Tests. Terminvergabe, Hygiene- und Schutzmaßnahmen, Beratung, ärztliches Gespräch und dann der Test, das ist viel Aufwand.

epd: Ab April sollen dann auch die Hausarztpraxen ins Impfgeschehen eingebunden werden. Das ist schon eine beachtliche Kehrtwende der Politik ...

Weigeldt: Allerdings. Bislang kamen die Hausärzte, niedergelassenen Ärzte und Betriebsmediziner in den Optionen der Gesundheitspolitik von Landesministerien, Bundesgesundheitsministerium und Kanzleramt immer nur am Rande vor. Ein Versäumnis allererster Ordnung. Wir könnten schon deutlich weiter sein beim Impfen, wenn man uns früher auf dem Schirm gehabt hätte.

epd: Steuert die Politik jetzt schnell genug um?

Weigeldt: Ich frage mich schon, warum man noch bis April warten möchte. Wir stehen bereit und jeder Tag zählt. Ursprünglich hatte man allein auf die lokalen Impfzentren gesetzt, weil das wegen der Tiefkühlung der Impfstoffe von Biontech gar nicht anders ging. Denn in den meisten Arztpraxen hat man ja keine Kühlgeräte für diese niedrigen Temperaturen. Dann hat sich herausgestellt, dass das auch mit geringerer Kühlung für einige Tage funktioniert. Seither stehen wir bereit und sagen: je schneller, desto besser.

epd: Die Priorisierung wird zwar gelockert, allerdings nur bedingt, auch wenn die Hausärzte impfen.

Weigeldt: Dass den Praxen hier ein flexiblerer Umgang ermöglicht wird, ist ein wichtiger Schritt. Die Priorisierung sollte eine Leitlinie sein, die uns Ärztinnen und Ärzte unterstützt, aber ein starres Festhalten an ihr ist einfach nicht möglich.

epd: Können denn die Praxen gewährleisten, dass kein Impfstoff verfällt?

Weigeldt: Bei uns verfällt nichts. Wir kennen unsere Patienten, wir wissen, wer wie alt ist, welche Erkrankungen hat und haben zumeist auch einen Überblick über die beruflichen Hintergründe. Springt einer ab, rufen wir den nächsten Berechtigten auf der Liste an. So einfach ist das. Nicht zu vergessen: Die Priorisierung war vor allem durch die Mangelsituation bei den Impfstoffen notwendig. Noch einmal: Wir müssen endlich Fahrt aufnehmen beim Impfen anstatt immer neue bürokratische Hürden aufzubauen. Wir müssen die jetzige Aufmerksamkeit für die Impfungen nutzen. Im Sommer könnte diese Bereitschaft abflauen. Deswegen müssen wir jetzt handeln.