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Digitalisierung

Expertin: Diakonie muss online besser sichtbar werden



Netzwerke und Datenmanagement können auch beim Dienst am Nächsten helfen. Die Diakonie muss dafür an einigen Stellen umdenken, sagten Experten bei einem Fachtag in Stuttgart. Außerdem gelte es, Verlierer der Digitalisierung im Blick zu behalten.

Amanda Lindner, Spezialistin für eCommerce und Online-Marketing, empfiehlt diakonischen Einrichtungen eine bessere Auffindbarkeit im Internet. "Gesehen zu werden ist eine Frage des Überlebens", sagte Lindner am 4. März bei einem Digitalisierungsforum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Weitere Redner wiesen bei dem Forum auf Innovationshürden sowie auf Verlierer der Digitalisierung hin.

Laut Lindner erfordert die Digitalisierung ein Umdenken in der Arbeitsweise. Auch diakonische Häuser sollten eine "Test-Kultur" etablieren, Dinge ausprobieren und neue Ideen nicht an Hürden in der Hierarchie scheitern lassen. Anstatt komplexe Lösungen einzukaufen, arbeiten die Einrichtungen zunehmend an kleineren, austauschbaren Komponenten, beobachtet Lindner.

"Innovationsbarrieren aufbrechen"

Zum Aufbrechen von Innovationsbarrieren rief der Vorstandsvorsitzende des christlichen Gesundheitskonzerns Agaplesion, Markus Horneber, auf. "Manchmal halten uns unsere Glaubenssätze davon ab, innovativ zu sein", sagte er. Kritisch sieht der Konzernchef etwa Datenschutzbestimmungen, die sein Unternehmen dazu zwängen, viele Daten doppelt zu erfassen, weil Anwendungen nicht miteinander vernetzt werden dürfen. "Das ist eine Riesenhürde", sagte er.

Digitalisierung ist seiner Ansicht nach kein Selbstzweck, sondern muss immer die Arbeit einer Organisation unterstützen. In Kliniken brauche es beispielsweise einen durchgängigen Informationsfluss, damit eine Krankenschwester dem Patienten nichts anderes sage als der Arzt. In der Pflege könnten Roboter praktische Hilfe leisten, im Krankenhaus die elektronische Erfassung von Patientendaten Prozesse auch im Sinne der Kranken beschleunigen. Neue Mitarbeiter würden heute häufig über Soziale Medien gewonnen.

Große Chancen für Dienst am Nächsten

Die Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrätin Annette Noller, sieht in der Digitalisierung große Chancen für den Dienst am Nächsten. Beispielsweise könnten ältere Menschen im ländlichen Raum leichter versorgt werden, weil sie die Dinge ihres täglichen Bedarfs inzwischen im Internet bestellen. Menschen mit Autismus ließen sich digital begleiten, um ihrem Alltag eine Struktur zu geben.

Noller lenkte den Blick aber auch auf Verlierer der Digitalisierung. Dazu zählt sie Menschen, die keinen Zugang zu digitalen Endgeräten haben. Die Landeskirche habe mit ihrem "Mutmacherfonds" dafür gesorgt, dass Kinder aus ärmeren Familien solche Geräte erhalten. Die Digitalisierung muss laut der Diakonie-Chefin dazu helfen, dass mehr Gerechtigkeit entsteht. Außerdem müssten Daten auch gelöscht werden, um die Möglichkeit des Vergessens und eines Neuanfangs zu schaffen.

Marcus Mockler