Frankfurt a.M. (epd). Die Zahlung eines Kinder-Zuschlags zu einer im Sozialplan vereinbarten Abfindung eines Unternehmens darf nicht allein vom steuerlichen Kinderfreibetrag abhängen. Da der Kinderfreibetrag bei der - überwiegend von Frauen gewählten - ungünstigen Lohnsteuerklasse V nicht berücksichtigt werden kann, stellt solch eine Sozialplanregelung eine unzulässige mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in einem am 1. Februar in Frankfurt am Main bekanntgegebenen Urteil.
Hintergrund des Rechtsstreits waren finanzielle Probleme eines Arbeitgebers aus dem Raum Darmstadt. Dieser einigte sich mit dem Betriebsrat 2018 auf einen Sozialplan. Danach war für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pro Kind eine um 5.000 Euro höhere Abfindung vorgesehen als bei kinderlosen Beschäftigten. Voraussetzung war, dass das Kind "auf der Lohnsteuerkarte eingetragen" war. So sollte sichergestellt werden, dass tatsächlich nur Beschäftigte mit unterhaltsberechtigten Kindern den Kinder-Zuschlag erhalten. Die klagende Arbeitnehmerin, eine Mutter von zwei kleinen Kindern ging wegen ihrer Lohnsteuerklasse V damit leer aus.
Das LAG sprach ihr nun ebenfalls die erhöhte Abfindung in Form des Kinderzuschlags für ihre zwei Kinder zu. Da seit 2014 keine Lohnsteuerkarten mehr verwendet werden, hatten die Frankfurter Richter die Bestimmung des Sozialplans so ausgelegt, dass für Erhalt der höheren Abfindungszahlung bei Eltern ein Kinderfreibetrag als Lohnsteuerabzugsmerkmal gespeichert sein müsse.
Doch solch eine Voraussetzung führe zu einer unzulässigen mittelbaren Diskriminierung von Frauen. Denn die Lohnsteuerklasse werde überwiegend von Frauen gewählt, wenn ihr Ehepartner einen höheren Arbeitsverdienst erzielt. Bei dieser Lohnsteuerklasse könne ein Kinderfreibetrag aber nicht berücksichtigt werden. Folge sei, dass nach der Regelung im Sozialplan diese Frauen keine höhere Abfindungszahlung erhalten, obwohl sie unterhaltsberechtigte Kinder haben. Wegen dieser Benachteiligung durch den Sozialplan habe die Klägerin daher denselben Anspruch wie die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unterhaltsberechtigten Kindern, urteilte das LAG.
Az.: 18 Sa 22/20