

Münster (epd). Ohne ausreichende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift können sich Ausländer nicht einbürgern lassen. Erreicht ein Zuwanderer im Deutsch-Test im Schreiben nur das niedrige Niveau A2, kann er keinen deutschen Pass verlangen, urteilte am 10. Dezember das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen Zuwanderer für eine Einbürgerung einen langen Atem haben. Voraussetzung ist nicht nur die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts, Ausländer müssen auch einen Einbürgerungstest mit Fragen zur Rechts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland bestehen sowie ausreichende Sprachkenntnisse vorweisen. Zudem ist ein seit acht Jahren dauernder rechtmäßiger Aufenthalt erforderlich. Die Frist kann bei "besonderen Integrationsleistungen" auf sechs Jahre verringert werden. Wann genau all diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist regelmäßig vor Gerichten im Streit.
So hatte die Städteregion Aachen im Verfahren vor dem OVG Münster einem seit 2003 in Deutschland lebenden Syrer die Einbürgerung verweigert. Er verfüge nicht über ausreichende Deutschkenntnisse, begründete die zuständige Behörde ihre Ablehnung. Im Deutschtest habe er zwar beim Hören/Lesen sowie beim Sprechen dass erforderliche fortgeschrittene Anfängerniveau mit der Bewertung B1 erreicht. Beim Schreiben sei ihm aber das niedrigere Niveau A2 bescheinigt worden. Das reiche nicht, hieß es.
Dem folgte jetzt auch das OVG. Im Deutsch-Test für Zuwanderer habe der Kläger zwar das Gesamtergebnis B2 erreicht, erforderlich sei aber, dass er in allen Sprachbereichen diese Bewertung nachweist. Beim Schreiben habe er das erforderliche Sprachniveau nicht erfüllt. Die Einbürgerung sei zu Recht abgelehnt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte in einem am 16. Oktober 2020 veröffentlichten Urteil betont, dass Einbürgerungsbewerber sich auch an die deutschen Lebensverhältnisse anpassen müssen, so die Mannheimer Richter zu einem aus dem Libanon stammenden und seit 2002 in Deutschland lebenden Oberarzt.
Der Mann hatte den Einbürgerungstest mit der höchsten Punktzahl und auch den Sprachtest problemlos geschafft. Bei der Überreichung der Einbürgerungsurkunde verweigerte er jedoch den Handschlag mit der Sachbearbeiterin des Landratsamtes, weil diese eine Frau ist. Die Einbürgerung wurde deshalb verweigert.
Zu Recht, befand der VGH. Zu den deutschen Lebensverhältnissen gehörten der Handschlag und das Händeschütteln als gängige nonverbale Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale, "die unabhängig von sozialem Status, Geschlecht oder anderen personellen Merkmalen" erfolgen und auf eine jahrhundertelange Praxis zurückgehen. Verweigere ein Einbürgerungsbewerber den Handschlag aus geschlechtsspezifischen Gründen, liege keine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse vor. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.
Bereits am 8. Oktober 2019 hatte das OVG Rheinland-Pfalz in Koblenz die Entlassung eines muslimischen Soldaten für rechtmäßig gehalten, der aus religiösen Gründen ebenfalls Frauen generell den Handschlag verweigerte. Es bestünden Zweifel, ob der Soldat in der Lage sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen und auch für Soldatinnen einzustehen. Das Ansehen der Bundeswehr könne wegen solch eines Verhaltens beeinträchtigt werden, hieß es seitens des Gerichts.
Dagegen ist allein das Beten in einem vom Verfassungsschutz beobachteten islamischen Kulturzentrum noch kein Grund, die Einbürgerung zu verweigern. Das gilt auch dann, wenn ein Muslim Geld in den Klingelbeutel gelegt hat, entschied das OVG Bremen in einem am 5. November 2018 veröffentlichten Beschluss. Zwar werde der Moscheeverein vom Verfassungsschutz beobachtet. In dem Verein gebe es aber nicht nur salafistische, sondern unterschiedliche Strömungen und Glaubensrichtungen.
Ist ein Ausländer in seinem Heimatland eine dort zulässige zweite Ehe eingegangen, ist die Einbürgerung als Deutscher trotz seiner Doppel-Heirat möglich, urteilte am 30. Mai 2018 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Nach dem Gesetz werde "ein Bekenntnis zu einem auf Recht und Gesetz sowie der Achtung und dem Schutz der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte gründenden Gemeinwesen, aber kein Bekenntnis zum Prinzip der bürgerlich-rechtlichen Einehe" verlangt.
Az.: 19 A 2379/18 (OVG Sprachtest)
Az.: 12 S 629/19 (VGH Handschlag Oberarzt)
Az.: 10 A 11109/19.OVG (OVG Handschlag Soldat)
Az.: 1 LA 78/17 (OVG Bremen)
Az.: 1 C 15.17 (Bundesverwaltungsgericht Mehrehe)