Karlsruhe (epd). Eine getrennt lebende unverheiratete Mutter kann das gemeinsame elterliche Sorgerecht mit ihrem Ex-Partner nur mit guten Gründen verweigern. Allein die Befürchtung der Mutter, dass sie ihrem Ex-Partner für notwendige Unterschriften zu Belangen des Kindes "hinterherlaufen" muss, spricht nicht gegen die Einrichtung eines gemeinsamen Sorgerechts, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 13. August veröffentlichten Beschluss. Werden keine weiteren Gründe von der Mutter geltend gemacht, müssen Gerichte dem Vater für einen Sorgerechtsstreit Verfahrenskostenhilfe gewähren, erklärten die Karlsruher Richter.
Im Streitfall lag ein unverheirateter, getrennt lebender Vater aus Rostock mit seiner früheren Lebenspartnerin über das Umgangsrecht und dem allgemeinen Sorgerecht für den mittlerweile dreijährigen Sohn im Streit. Die Mutter lehnte das allgemeine Sorgerecht ab, weil sie sonst befürchtete, auf notwendige Unterschriften zu Kindesangelegenheiten ihrem Ex-Partner zu lange warten zu müssen. Unter Umständen sei sie in einem halben Jahr für ein allgemeines Sorgerecht bereit. Konkrete Meinungsverschiedenheiten mit dem Vater konnte sie nicht benennen.
Gerichtlich wurden schließlich Umgangsregelungen vereinbart. Um auch das allgemeine Sorgerecht durchsetzen zu können, hatte der Vater zuvor Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock lehnte diese ab. Es gebe offenkundig Kommunikationsprobleme mit der Mutter, was sich auf das Kindeswohl auswirke.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass dem Vater zu Unrecht die Verfahrenskostenhilfe verweigert wurde. Bei unverheirateten, getrennten Paaren könne die gemeinsame Sorge bei einer "schwerwiegenden und nachhaltigen Störung auf der Kommunikationsebene" abgelehnt werden.
Allein die Ablehnung der Mutter und ihr Argument, nicht Unterschriften hinterherlaufen zu wollen, sei aber keine "schwerwiegende Störung". Für die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge genüge es, dass der andere Elternteil keine Gründe dagegen vorbringt. Hier habe die Mutter selbst keine schwierige Kommunikation mit ihrem Ex-Partner benannt und sogar die gemeinsame Sorge in Zukunft in Aussicht gestellt. Da das Sorgerechtsverfahren damit erfolgversprechend sei, hätte das OLG dem Vater Verfahrenskostenhilfe bewilligen müssen. Darüber müsse dieses nun neu entscheiden.
Az.: 1 BvR 631/19