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Corona

Reha unter anderen Umständen




Physiotherapie in der Evangelischen Elisabeth Klinik in Berlin
epd-bild/Werner Krüper
Verschobene Behandlungen, besorgte Patienten, Kliniken im Krisenmodus: Die Corona-Krise hat das Gesundheitswesen in Deutschland durcheinandergebracht. Auswirkungen gibt es auch bei der Reha - und in Zukunft könnten neue Herausforderungen hinzukommen.

Eine kranke, körperlich oder geistig behinderte oder von Behinderung bedrohte Person in das berufliche und gesellschaftliche Leben wiedereinzugliedern: Das erklärte Ziel der Rehabilitation wird in Zeiten der Corona-Pandemie von verschiedenen Seiten beschränkt. Ob in den Einrichtungen selbst oder aufseiten der Patienten - ideal läuft es nicht.

Als sich die Pandemie in Deutschland immer weiter ausbreitete, mussten sich Reha-Kliniken zunehmend auf die Übernahme von Patienten aus ausgelasteten Akut-Kliniken vorbereiten. Gleichzeitig wurden nicht akute Operationen verschoben, womit auch Anschluss-Rehas wegfielen. Das Covid-19-Entlastungsgesetz sieht zudem für Reha-Einrichtungen nur 60 Prozent des durchschnittlichen Vergütungssatzes vor. In einzelnen Fällen meldeten Reha-Kliniken aufgrund der finanziellen Einschnitte Kurzarbeit an.

"Erhebliche Herausforderungen"

Thomas Urbach, Sprecher des BDH Bundesverbandes Rehabilitation, spricht von "erheblichen organisatorischen und personellen Herausforderungen" in Reha-Einrichtungen. Die Beatmungskapazitäten der Krankenhäuser seien erweitert worden, die Belegungen hätten sich entsprechend in Richtung Frührehabilitation verschoben. Die weiterführende Rehabilitation habe hingegen abgenommen.

In welchem Umfang Reha-Maßnahmen verschoben wurden, ist nicht ganz klar. Die konkrete Zahl der Rehabilitationsleistungen, die aufgrund der Corona-Pandemie verlegt werden mussten, wird laut einem Sprecher der Deutschen Rentenversicherung nicht statistisch erfasst. Bei Patienten aus der Risikogruppe müsse aber "die Reha-Indikation gegen die möglichen Risiken abgewogen werden", sagt Urbach. Anschlussrehabilitationen, die bei bestimmten Diagnosen wie Schlaganfällen angeboten werden, seien jedoch von den Kliniken aufgrund möglicher schwerwiegender Folgen nicht abgesagt oder verzögert worden. Eine Umfrage der AOK Hessen ergab derweil, dass fünf Prozent der befragten Mitglieder ihre Kur oder Reha in den vergangenen drei Monaten nicht antreten konnten.

Absagen und Verzögerungen gab es allerdings auch vonseiten der Patienten: Laut Urbach verschoben sie teilweise Rehas mit Hinweis auf die Corona-Krise. Es komme zudem häufiger vor, dass Menschen aus Angst vor dem Virus abwarten und hoffen, dass Symptome von allein verschwinden.

Fast jeder Fünfte mied den Arzt

Die AOK-Umfrage ergab zusätzlich, dass in den vergangenen drei Monaten fast jeder Fünfte in Hessen aus Angst vor einer Ansteckung nicht zum Arzt ging. Vor allem Menschen unter 45 hätten Arztbesuche zunächst vermieden, obwohl aus ihrer Sicht ein wichtiger medizinischer Grund für eine Untersuchung vorlag. Erkenntnisse wie diese legen nahe, dass Patienten auch andere medizinische Behandlungen wie Rehas oder Anschlussbehandlungen wie Besuche bei Physiotherapeuten verschieben.

Langfristig können solche Verschiebungen gravierende Folgen haben. Laut Ursula Cüppers-Böhle, Geschäftsführerin des Deutschen Verbandes für Physiotherapie, hat eine Reha eine höhere Chance auf Erfolg und darauf, einen Beitrag zur Genesung zu leisten, je früher sie beginnt.

Mittlerweile gibt es einige Lockerungen der Corona-Maßnahmen im medizinischen Bereich. Trotzdem sind noch immer einzelne Therapien aufgrund von Hygienevorschriften in Reha-Einrichtungen nicht möglich. Verschiedene Auflagen schränken zudem die Auslastung der Kliniken ein.

Norbert Hemken, Vorstandsvorsitzender des Verbundes Norddeutscher Rehakliniken, sieht darüber hinaus in Zukunft weitere Herausforderungen auf die Einrichtungen zukommen. "In den kommenden Wochen wird es sicherlich eine erhöhte Anfrage geben, die dann nicht zu 100 Prozent bedient werden kann", sagte er. Welche Patienten dann zuerst aufgenommen werden, sei unter anderen von Verträgen, Fristen und Kostenträgern abhängig.

Jana-Sophie Brüntjen