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Corona

Bonus für Pflegekräfte müht sich auf die Zielgerade




Pflegekraft misst den Blutdruck
epd-bild/Jürgen Blume
Die meisten Bundesländer wollen die Sonderprämie für Pflegekräfte aus eigenen Mitteln aufstocken - und nehmen Millionenbeträge in die Hand. Das zeigt eine epd-Umfrage bei den zuständigen Ministerien. Doch wann das Geld überwiesen wird, ist weiter unklar.

Ein Appell von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an die Bundesländer, die Prämie von 1.000 Euro für Pflegekräfte noch mit eigenen Finanzmitteln aufzustocken, scheint zu fruchten. Die meisten Landesregierungen haben die Übernahme eines zusätzlichen Anteils von 500 Euro bereits beschlossen oder bereiten sie vor, wie aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den zuständigen Landesministerien hervorgeht. Die Fachkräfte können sich somit nach wochenlangen Debatten freuen, für ihren Einsatz belohnt zu werden. Doch wann das steuerfreie Geld auf dem Konto sein wird, ist meist weiter offen.

Und: Anders als von Minister Spahn gedacht, beteiligen sich die Arbeiter zum jetzigen Zeitpunkt in keinem Bundesland an der Finanzierung der Prämie. Gleichwohl: Noch sind nicht alle Gespräche abgeschlossen.

Ein Gesetzentwurf von Spahn, der eine Bonuszahlung von bis zu 1.500 Euro pro Pflegekraft in Vollzeit vorsieht, wurde am 14. Mai im Bundestag und am 15. Mai im Bundesrat beschlossen. Der Bonus ist steuerfrei. Das Geld stammt aus der Pflegeversicherung.

Vorgehen ist sehr unterschiedlich

Offen ist aber, ob alle Länder einen Anteil übernehmen, oder aber, wie etwa Bayern und Berlin, eine eigene Prämie aus ihren Etats finanzieren. Ein bundesweit einheitliches Vorgehen gibt es nicht.

Eigentlich wollte Spahn erreichen, dass sich die Länder und die Arbeitgeber den Zusatzbetrag von 500 Euro teilen. Dagegen gibt es nach wie vor heftigen Widerstand aus der Wohlfahrtsbranche, die nach eigenen Angaben über keinerlei Rücklagen verfügt, um sich an der Prämie beteiligen zu können.

Die epd-Umfrage ergab, dass überall Pflegeprämien - wenn auch in unterschiedlicher Höhe - ausgezahlt werden sollen. Wann das geschieht, ist aber noch offen, jedoch definitiv nicht vor Juli. Allein in Bayern, das einen eigenen Weg geht, ist bereits Geld geflossen.

Der Auszahlungstermin hängt auch davon ab, ob und wann sich die betroffenen Länder mit den Arbeitgebern verständigen, sich womöglich doch noch an der Finanzierung zu beteiligen. Bislang sind die Träger aber nirgendwo mit im Boot, das heißt, die Länder tragen den Anteil von 500 Euro allein.

Gespräche über Beteiligung laufen noch

Mehr oder weniger notgedrungen haben etwa Brandenburg, Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen die alleinige Zahlung von 500 Euro zusätzlich zum Bundesanteil beschlossen. Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen befinden sich noch in Beratungen, ob und wie die Prämie aufgestockt werden soll. Hier liegen die Ausgaben der Länder zwischen zehn Millionen Euro (Brandenburg) und 30 Millionen Euro (Baden-Württemberg).

Hessen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern wollen 500 Euro zusätzlich bezahlen, teilten jedoch mit, mit den Trägerverbänden noch in Verhandlungen über eine finanzielle Beteiligung zu sein. Deshalb sind die finanziellen Belastungen hier noch nicht ganz klar. Sie könnten aber in Sachsen 37,5 Millionen Euro betragen. Hessen gibt an, im Landesetat bis zu 40 Millionen Euro bereitzustellen.

Bayern geht einen eigenen Weg. Man habe schon viel früher als der Bund einen eigenen Bonus für Pflegende entwickelt, den bayerischen Corona-Pflegebonus, teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit. Dieser wird nicht nur wie der Bundesbonus in Einrichtungen der Langzeitpflege gewährt, sondern auch in Krankenhäusern, dem Rettungswesen und stationären Behinderteneinrichtungen. "Bayern bringt dafür bis zu 133 Millionen Euro aus dem eigenen Haushalt auf, während der Bund sich aus der Pflegekasse bedient", hieß es.

Der bayerische Pflegebonus beträgt für Pflegende 500 Euro. Träger werden in die Finanzierung den Angaben nach nicht einbezogen. Die Auszahlung habe bereits begonnen, erklärte das Ministerium. Aktuell seien etwa 226.000 Anträge eingegangen.

Berlin weitet Empfängerkreis aus

Wieder anders ist die Vorgehensweise in Berlin. Das Land will mit einer Prämienzahlung von bis zu 1.000 Euro den besonderen Einsatz von Beschäftigten in der Corona-Krise würdigen, darunter auch Polizisten im Außendienst, Erzieherinnen im Kita-Notbetrieb und Mitarbeiterinnen von Kliniken. Auch Beschäftigte des Justizvollzugs, Rettungskräfte der Feuerwehr, der Gesundheits- und Ordnungsämter, von Schulhorten und Jobcentern sollen das Zusatzgeld erhalten.

Die Berliner Senatsfinanzverwaltung geht von insgesamt bis zu rund 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Die Gesamtkosten werden mit rund 25 Millionen Euro angegeben. Über den Umgang mit der vom Bund finanzierten Prämie sei noch nicht entschieden worden, hieß es auf Anfrage.

Überall ist zu vernehmen, dass das Geld als besondere Würdigung für herausragende Leistungen in der Corona-Krise zu sehen ist. "Das ist ein Zeichen der Anerkennung. Ohne sie könnten wir die Corona-Pandemie nicht bewältigen", sagte Isabelle Dollinger, die stellvertretende Pressesprecherin des hessischen Sozialministeriums, dem epd.

Ähnlich äußerte sich die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD): "Eine Prämie kann aber nur eine Form der Anerkennung sein - Lohnsteigerungen ersetzt sie nicht. Ziel muss eine bessere Personalausstattung sowie eine angemessene tarifliche Bezahlung in der Pflege sein." Verständnis für die Finanzlage der Träger äußerte die Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne): "Wir sehen die Notwendigkeit, Anerkennung auszudrücken. Für viele Träger ist diese zusätzliche finanzielle Last aber nicht zu tragen."

Dirk Baas