sozial-Branche

Corona-Krise

Interview

Rotes Kreuz: Blutspenden ist auch in der Pandemie sicher




Patric Nohe
epd-bild/Christian Moser
Nach einem Einbruch zu Beginn der Corona-Pandemie bei den Spenderzahlen gibt es aktuell wieder genügend Blutkonserven. Das Rote Kreuz ruft dennoch weiter zu Spenden auf, denn wie sich das Aufkommen in der anhaltenden Krise entwickelt, kann laut Patric Nohe vom Bayerischen Roten Kreuz niemand seriös vorhersagen. Er betont aber im epd-Interview ausdrücklich, dass sich Blutspender keinem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen.

Die Appelle des Roten Kreuzes und der Medien haben offenbar gefruchtet: Das Bayerische Rote Kreuz verzeichnet wieder mehr Blutspenden. Vor allem junge Menschen und Erstspender kämen vermehrt zu den Terminen, sagt Patric Nohe, der Sprecher des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Das ist ein überaus erfreulicher Trend, der sich hoffentlich über die Krise hinweg fortsetzen wird." Die Fragen stellte Patricia Averesch.

epd sozial: Herr Nohe, das Deutsche Rote Kreuz hat zu Beginn der Pandemie Alarm geschlagen, dass die Blutkonserven in der Krise bedrohlich zurückgehen. Wie stark waren die Einbrüche?

Patric Nohe: Aufgrund der regional starken Unterschiede können wir noch keine repräsentativen Aussagen über die Spenderzahlen machen. Fakt ist aber, dass wir uns vor einigen Wochen am untersten Rand unserer Pufferbestände befunden haben.

epd: Corona verunsichert viele Bürgerinnen und Bürger. Wie ist die derzeitige Situation bei den Blutspendediensten?

Nohe: Die Lage hat sich bundesweit wieder komplett stabilisiert. Derzeit sind unsere angebotenen Termine sehr gut besucht.

epd: Wie kam das so schnell?

Nohe: Den Appellen der Blutspendedienste, der Medien und der der Politik sind viele Menschen gefolgt. Das ist ein sehr starkes, positives Signal in diesen schwierigen Zeiten. Hinzu kommt ein besonders hohes Engagement junger Menschen und Erstspender, das wir derzeit verzeichnen. Das ist ein überaus erfreulicher Trend, der sich hoffentlich über die Krise hinweg fortsetzen wird.

epd: Gibt es einen höheren Bedarf an Blutkonserven in der Corona-Krise?

Nohe: Nein, der Bedarf an Blutkonserven ist durch das Corona-Virus nicht erhöht.

epd: Die Pandemie hat im Gesundheitswesen zu massiven Veränderungen in Sachen Schutz von Patienten und Personal geführt. Mussten Sie beim Blutspenden auch reagieren?

Nohe: Die Vorgaben haben sich im Prinzip nicht geändert. Wer gesund und fit ist, kann Blut spenden. Spendewillige mit den Symptomen Halskratzen, Schüttelfrost, Husten oder Kurzatmigkeit werden nicht zur Spende zulassen und für vier Wochen zurückgestellt. Spenden darf auch nicht, wer mit einer Körpertemperatur von 37,5 °C oder höher kommt. Spendewillige, die Kontakt zu einem an SARS-CoV-2-Erkrankten hatten, werden für zwei Wochen nach Exposition von der Blutspende zurückgestellt. Wir bitten ganz betont, bereits mit den geringsten Anzeichen eines Infekts oder mit Schnupfen der Blutspende fern zu bleiben.

epd: Wie haben sich die Abläufe bei der Spende verändert?

Nohe: Unsere Dienste haben eine Reihe von Zusatzmaßnahmen ergriffen. Beispielsweise erfolgt rein vorsorglich eine Temperaturmessung bei allen Spenderinnen und Spendern bereits vor der Registrierung. Ziel ist es, Menschen mit erhöhter Temperatur zu identifizieren und den Kontakt mit anderen Personen im Terminlokal zu verhindern. Auf allen Terminen steht ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung. Darüber hinaus wird auf die "Entzerrung" der Warteschlangen und der Einhaltung eines ausreichenden Abstands geachtet. Anstelle des üblichen Imbiss nach der Spende werden Care-Pakete gereicht, um den Aufenthalt der Spender und die Kontaktflächen zu minimieren.

epd: Wie bewerten Sie die Gefahr einer Ansteckung mit dem Corona-Virus bei einem Termin?

Nohe: Bei der Blutspende besteht keine erhöhte Ansteckungsgefahr. Blutspendetermine unterliegen generell äußerst strengen hygienischen Regularien. Die Zulassungsbestimmungen gewährleisten weiterhin einen hohen Schutz für Blutspender und Helfer. Denn nur wer sich gesund und fit fühlt, kommt in der Regel zu unseren Terminen.

epd: Testen Sie die Spender vorsorglich auch auf Corona?

Nohe: Nein. Blutspender werden nicht mit direktem Virusnachweis getestet. Ein Test auf SARS-CoV-2 ist aufgrund der aktuell geringen Verfügbarkeit von Test-Kits nicht möglich. Dadurch würde zudem ein falscher Anreiz für potenziell Erkrankte geschaffen, zur Blutspende zu kommen und damit andere zu gefährden. Weil es für die Übertragbarkeit des Erregers durch Blut und Blutprodukte keine Hinweise gibt, ist diese Art von Test nicht erforderlich. An der Präparatesicherheit für Transfusionsempfänger hat sich nichts geändert.

epd: Dürfen Corona-Infizierte, die wieder nachweislich gesund sind, Blut spenden?

Nohe: Ja, aber alle Personen, die an SARS-CoV-2 erkrankt waren, werden nach Ausheilung für vier Wochen von der Blutspende zurückgestellt.

epd: Wie wird sich die Spenderzahl in den nächsten Monaten entwickeln?

Nohe: Das kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand seriös vorhersagen. Wir planen aktuell von Tag zu Tag und von Woche zu Woche. Aufgrund der geringen Haltbarkeit von Blutpräparaten, nämlich 42 Tage, bleibt zu hoffen, dass bei vielen Menschen der solidarische Gedanke auch über den derzeitigen Ausnahmezustand hinaus trägt.



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