sozial-Politik

Corona-Krise

Spahn und Seehofer: Gesundheitsschutz geht vor




Zuschauerin mit Mundschutz bei einer Sportveranstaltung Ende Januar in Magdeburg
epd-bild/Guido Schiefer
Ein Krisenstab der Bundesregierung soll helfen, die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu verhindern: mit Informationen, frühzeitigen Tests und einer Beobachtung des grenzüberschreitenden Verkehrs. Auch Großveranstaltungen sind im Fokus. Zudem werden alle neu ankommenden Asylbewerber auf Corona getestet.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet nach dem Anstieg der Corona-Erkrankungen in Deutschland vorläufig keine weitreichenden Konsequenzen für Großveranstaltungen. Wenn sich bei einer Veranstaltung besonders viele Menschen aus Krisengebieten aufhalten, sei das anders zu beurteilen als ein Fußballspiel zwischen dem SC Ingolstadt und Unterhaching, sagte Seehofer am 27. Februar in Berlin. So sei der jetzt eingesetzte Krisenstab der Bundesregierung gebeten worden, auch eine Einschätzung zur Tourismusmesse ITB abzugeben, die am 4. März in Berlin beginnen soll.

Bei dieser Messe gelte es, Gesundheitsschutz und wirtschaftliche Interessen abzuwägen. Im Zweifel werde immer der Gesundheitsschutz Vorrang haben, sagte Seehofer, der aber zugleich darauf hinwies, dass Aktionismus vermieden solle und nur Maßnahmen geplant würden, die wirksam zur Eindämmung des Virus beitragen.

Infektionsketten durchbrechen

Zusammen mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erläuterte Seehofer, dass der Krisenstab von Gesundheits- und Innenministerium nahezu alle weiteren Bundesministerien in seine Arbeit einbeziehe. Zuvorderst gehe es darum, Infektionsketten innerhalb Deutschlands zu unterbinden und die Übertragung des Virus nach Deutschland einzudämmen. Bund und Länder arbeiteten dabei eng zusammen. Entscheidungen, etwa über die Absage von Großveranstaltungen, würden von den Kommunen vor Ort getroffen.

Um die Übertragung des Virus durch Reisende zu kontrollieren, sollen Fluggäste und Schiffsreisende ab sofort sogenannte Aussteiger-Karten ausfüllen, damit bei einer Infektion nachvollzogen werden kann, mit wem zusammen sie gereist sind. Man wolle auch bei der Bahn und Busunternehmen erreichen, dass sie entsprechende Maßnahmen im grenzüberschreitenden Verkehr ergreifen, sagte Seehofer. Eine gesetzliche Grundlage dafür gebe es aber nicht.

Alle Asylbewerber werden getestet

Asylbewerber werden Seehofer zufolge künftig auch daraufhin untersucht, ob eine Infektion mit dem Corona-Virus gegeben sei, sagte Seehofer. Die Überstellungen nach dem Dublin-Abkommen von und nach Italien seien bereits ausgesetzt. In Italien steigen die Zahlen der Infizierten derzeit besonders stark an.

Gesundheitsminister Spahn betonte die Bedeutung frühzeitiger Tests: "Es darf nicht am Geld scheitern", sagte er. Wenn es ein Arzt für notwendig halte, einen Patienten auf das Virus zu testen, müssten die Krankenkassen die Kosten übernehmen. In Deutschland seien zudem inzwischen fast alle Labore imstande, die Tests auszuwerten. Bei einem Verdacht auf die Erkrankung sollten Patienten ihren Arzt oder das Gesundheitsamt anrufen und um einen Hausbesuch bitten und sich nicht ins Wartezimmer setzen, sagte Spahn.

Der Gesundheitsminister zeigte Verständnis für die Verunsicherung in der Bevölkerung. Diesen Sorgen könne man am besten begegnen, wenn die Menschen fundierte Antworten bekämen, wenn sie sich an Ärzte, Behörden oder Krankenkassen wendeten. Keine Verunsicherung rechtfertige aber, was bereits an Diskriminierungen berichtet werde, sagte Spahn, etwa von asiatischstämmigen Menschen.

Minister lehnen Prognose zur Ausbreitung ab

Eine Prognose, wie sich das Coronavirus weiter ausbreiten wird, lehnten beide Minister ab. Spahn wiederholte seine Einschätzung, wonach Deutschland am Beginn einer Epidemie stehe. Seehofer ergänzte, dass damit klar sei, dass es eine "weitere Entwicklung nach oben" geben wird.

Der Landkreistag erklärte, die Gesundheitsämter seien darauf eingestellt, mit einer Ausbreitung der Krankheit umzugehen. Die bisher betroffenen Kreise Starnberg in Bayern und Heinsberg in Nordrhein-Westfalen hätten die aktuelle Situation im Griff.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erklärte, die Kliniken bereiteten sich intensiv auf steigende Infektions- und Patientenzahlen vor. Im Ernstfall könne fast jedes Krankenzimmer als Isolierzimmer ausgestattet werden, sagte der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum. Im Falle einer Pandemie verfügten die Krankenhäuser über klare Pläne. Die praktische Umsetzung solcher Pläne werde regelmäßig trainiert, so Baum. So würden etwa Mitarbeiter geschult, Vorräte an Schutzausrüstung angelegt, Patienten informiert und das Abtrennen von Isolationsbereichen und Eingangskontrollen vorbereitet.

Karsten Frerichs, Corinna Buschow