Berlin (epd). Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beklagt massive Umsetzungsprobleme beim zum Jahreswechsel in Kraft getretenenBundesteilhabegesetz. Statt die Chance für Menschen mit Behinderung zu mehr Teilhabe konsequent zu nutzen, "ist der bürokratische Aufwand für Kostenträger und Leistungserbringer enorm. Das widerspricht jedoch der gesamten Intention des Gesetzes", sagte Präsidentin Gerda Hasselfeldt am 24. Januar in Berlin. Sie kritisierte vor allem die Änderungen bei der Eingliederungshilfe.
Mit der Gesetzereform wird die Leistungserbringung in Wohnheimen für behinderte Menschen neu strukturiert. Bisher waren mehrere einzelne Leistungen wie die Kosten für Wohnraum, Lebensmittel und verschiedene Hilfsleistungen zu einem Komplex zusammengefasst und wurden in einem Vorgang abgerechnet. Jetzt werden die bisherigen stationären Wohneinrichtungen in "besondere Wohnformen" umbenannt und die dort erbrachten Leistungen aufgesplittet in existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe) und Fachleistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch IX. Für beide Leistungssysteme sind je nach Bundesland unterschiedliche Ämter zuständig.
"Auf die Spitze getrieben wird der zusätzliche Verwaltungsaufwand bei der Frage der Umsatzsteuer auf Nahrungsmittel", sagt Hasselfeldt. Bisher seien Nahrungsmittel für die behinderten Menschen umsatzsteuerfrei gewesen. Künftig sei nur noch die Zubereitung der Speisen umsatzsteuerfrei. Die Nahrungsmittel selbst würden als existenzsichernde Leistung dem SGB XII zugeordnet und seien damit umsatzsteuerpflichtig.
"Die Träger müssen jetzt neue gesonderte Verträge abschließen, mehr Rechnungen schreiben und mehr Geldeingänge prüfen. Dieser bürokratische Aufwand ist unnötig, kostet Zeit und verschlingt personelle Ressourcen", sagt Hasselfeldt.
Die Präsidentin fordert vom Bundesfinanzministerium deshalb eine generelle Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen in besonderen Wohnformen für behinderte Menschen und eine Nachbesserung des Bundesteilhabegesetzes. "Es braucht handhabbare Lösungen, damit Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt entscheiden können, in welcher Wohnform sie leben möchten", sagte Hasselfeldt. Von der Neuregelung sind nach ihren Angaben rund 212.000 Menschen in stationären Wohneinrichtungen betroffen.