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Pflege

Pflegewissenschaftler: Rolle der Kommunen stärken




Thomas Klie
epd-bild/Stefan Arend
Der Freiburger Pflegewissenschaftler Thomas Klie wirbt dafür, bei der Pflege die Rolle der Kommunen zu stärken. Sie seien vor Ort nah an den Bedürfnissen der Bürger.

"Pflege geschieht vor Ort", sagte Thomas Klie dem Evangelischen Pressedienst" (epd). Städte, Gemeinden und Landkreise müssten eine zentrale Rolle dabei übernehmen, passende Versorgungsangebote und ambulante Hilfen für die Pflegebedürftigen und deren Angehörige zu schaffen, erläuterte Klie am Rande der "Niedersächsischen Landespflegekonferenz 2020" jüngst in Hannover.

"Die Beratung gerade in schwierigen Lebenssituationen muss in der Nähe des jeweiligen Wohnortes angesiedelt sein", sagte der Professor der Evangelischen Hochschule Freiburg, der auch Mitglied der "Kommission Niedersachsen 2030" ist. Dazu müssten die Kommunen notfalls selbst Angebote initiieren oder aufbauen.

Telefonservice reicht nicht aus

Die Kranken- und Pflegekassen böten vielfach nur telefonische Hotlines an. Viele von ihnen würden sich vor Ort nicht auskennen, wenn etwa Angehörige mit der Pflege überfordert seien oder jemand nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht mehr weiter wisse. "Was nützt es, wenn ich in Wiesbaden jemanden am Telefon erreiche, aber im Emsland lebe?"

Klie ist an der Konzeption des im Oktober eröffneten Pflegekompetenzzentrums in Nordhorn in der Grafschaft Bentheim beteiligt, das als bundesweites Modellprojekt Akteure der Pflege in der ländlich geprägten Region vernetzen soll. Solche kommunal verankerten Angebote böten die Chance, systematisch aus schwierigen Fällen zu lernen, Angebote besser zugänglich zu machen und gegebenenfalls neue zu schaffen, sagte er.

Angebote regional sehr unterschiedlich

In Niedersachsen seien die Regionen wie im gesamten Bundesgebiet sehr unterschiedlich aufgestellt, erläuterte Klie. So gebe es etwa im Landkreis Osnabrück mit etwa 870 die meisten Tagespflegeplätze in ganz Deutschland. In anderen Kreisen seien es nur zehn. Für die bedarfsgerechte Planung müssten Daten bis in die Regionen zur Verfügung gestellt werden. Er halte es für unverantwortlich, einen existenziellen Bereich wie die Pflege allein dem Markt zu überlassen. "Der Wettbewerb hat zwar zu mehr Heimplätzen, aber auch dazu geführt, dass die Bevölkerung Vertrauen verloren hat."

Durch demokratische Beteiligung lasse sich aber Vertrauen zurückgewinnen, erläuterte Klie. Ein Bürgermeister, der einen Planungsprozess in Gang setze, könne mit viel Resonanz rechnen. Die Deutsche seien pflegeerfahren: Die Pflege werde zu einem großen Teil von Angehörigen geleistet, auch unterstützt von Freunden und Nachbarn. Netzwerke zu schaffen, gewinne an Bedeutung. Dazu könnten ein gutes Quartiersmanagement und Ehrenamtliche ebenso betragen wie der Pfarrer oder der Moscheeverein. "Es geht um eine Kultur der Sorge."

Karen Miether