sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Versetzungen für den Betriebsfrieden




Großküche in Berlin
epd-bild/Juergen Blume
Wenn es zwischen Kollegen ständig Streit gibt und ein gedeihliches Arbeiten kaum noch möglich scheint, dann kann die Unternehmensleitung einen Beschäftigten im Betrieb versetzen. Nach einem Gerichtsurteil muss er nicht vorher die genauen Streitursachen klären.

Ein Heimbetreiber darf bei starken zwischenmenschlichen Konflikten zwischen Beschäftigten die Versetzung anordnen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, zunächst die genauen Ursachen und Verantwortlichkeiten der Streitereien aufzuklären, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 30. Juli.

Im konkreten Fall ging es um eine 52-jährige Köchin, die seit dem 24. Juli 1990 in einem diakonischen Pflegeheim arbeitete. In der Küche des Heimes sind fünf Köche einschließlich der Küchenleitung sowie zwei Hilfskräfte beschäftigt.

Erhebliche Spannungen

Zwischen der 52-Jährigen und insbesondere der Küchenleitung, aber auch zu anderen Beschäftigten kam es seit längerem zu erheblichen Spannungen. Wiederholte Personalgespräche in der Vergangenheit konnten die anhaltenden Streitereien nicht lösen.

Im Mai 2017 eskalierte dann der Konflikt zwischen der Küchenleiterin und der Klägerin. Die Vorgesetzte warf der 52-Jährigen vor, dass diese statt 13 Liter Senfsoße tatsächlich 25 Liter und damit viel zu viel angerührt habe. Die Köchin war daraufhin so aufgebracht, dass sie vor den Augen der Küchenleiterin die überschüssige Menge der Soße im Abfluss entsorgte.

Beide Parteien bezeichneten ihr Verhältnis als "zerrüttet". Der diakonische Dienstgeber griff nun durch, um den Betriebsfrieden und die Funktionsfähigkeit der Pflegeheim-Küche zu gewährleisten. Er ordnete die Versetzung der 52-Jährigen in ein anderes Pflegeheim an.

Zu Selbstkritik nicht bereit

Die Frau ist seitdem ununterbrochen arbeitsunfähig. Gegen ihre Versetzung wehrte sie sich jedoch gerichtlich. Der Dienstgeber habe es versäumt, die genaue Ursache der Konflikte aufzuklären und sie anzuhören. Er hätte ja auch die Küchenleiterin versetzen können. Stattdessen sei allein sie mit der Versetzung bestraft worden. Sie sei zudem regelmäßig gemobbt worden. Sie legte ein ärztliches Attest vor, das die psychischen Gesundheitsstörungen auf Mobbing zurückführte.

Auch ihre Fahrzeit zur Arbeit habe sich nun von 20 auf 50 Minuten verlängert. Dies stelle eine nicht hinnehmbare Belastung für sie dar, erklärte die Klägerin.

Der Dienstgeber bestritt, dass mit der Versetzung die Frau sanktioniert werden sollte. Die zwischenmenschlichen Konflikte bestanden auch nicht nur zur Küchenleiterin, sondern ebenso zu anderen Beschäftigten. Die nicht konfliktfähige Köchin sei nicht bereit, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen. Eine Versetzung sei für den Betriebsfrieden daher erforderlich gewesen.

Das LAG bestätigte, dass der Dienstgeber ein berechtigtes Interesse an der Versetzung hatte und er diese auch wegen seines Direktionsrechts anordnen durfte. Die unterbliebene Anhörung führe nicht zu einer unwirksamen Versetzung, da er die Interessen der Klägerin ausreichend berücksichtigt habe.

"Nachhaltiges Mobbing"

Hier habe außerdem eine längere Konfliktlage zwischen der Klägerin und der Küchenleiterin sowie zu anderen Beschäftigten bestanden. Die Klägerin habe der Küchenleiterin "allerschwerstes und nachhaltiges Mobbing" vorgeworfen. Konkret belegt habe sie dies aber nicht.

"Bei dieser Ausgangslage war ein schnelles und wirksames Eingreifen … zur Verhinderung von Störungen im Produktionsprozess" zulässig, wenn nicht sogar geboten gewesen, urteilte das LAG. Der Dienstgeber habe hierfür auch nicht die Ursache der vielschichtigen Konflikte im Einzelnen aufklären müssen. Die Versetzung sei geeignet gewesen, "den sich aus der täglichen Zusammenarbeit ergebenden Konflikt kurzfristig und wirksam zu lösen".

Ob weitere Gespräche eine konfliktfreie Zusammenarbeit hätten bewirken können, sei zweifelhaft, befanden die Schweriner Richter. Die mit der Versetzung verbundenen Nachteile der Klägerin seien zudem begrenzt. Auch wenn sich die Fahrtzeit zum neuen Arbeitsplatz von 20 auf 50 Minuten verlängert habe, sei dies noch ein "üblicher Zeitaufwand" für einen Arbeitsweg.

Az.: 5 Sa 233/1

Frank Leth