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Expertin: Kaum Kurzzeit-Plätze für Demenzkranke



Demenzkranke werden nach Expertenansicht bei der Vergabe von Kurzzeitpflegeplätzen häufig benachteiligt. "Menschen mit Demenz sind bei den Pflegeheimen unbeliebter, weil sie die schwierigeren Patienten sind", sagte die Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, Sabine Jansen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Für die Pflegekräfte bedeute ein demenzkranker Bewohner einen erhöhten Arbeitsaufwand, weil er beispielsweise versuche, aus der Einrichtung wegzulaufen oder sich wegen der ungewohnten Umgebung unruhig verhalte.

Menschen mit Demenz gewöhnen sich Jansen zufolge nur schlecht an die neue Situation in einer Pflegeeinrichtung. Sie seien stark auf ihre Bezugsperson, den pflegenden Angehörigen, fixiert.

Lange Wartelisten

Kurzzeitpflege ist für Angehörige als Überbrückung gedacht, etwa wenn sie in den Urlaub fahren wollen. Kurzfristig ist laut Jansen in den meisten Einrichtungen allerdings kaum noch ein Platz zu finden. "In manchen Regionen Deutschlands müssen sich die Angehörigen ein Jahr im Voraus um einen Pflegeplatz kümmern." Die Einrichtungen verfügten oft über lange Wartelisten, sagte die Sozialpädagogin, die seit 22 Jahren für die Deutsche Alzheimer Gesellschaft tätig ist.

Pflegende Angehörige warteten ohnehin in der Regel lange, bevor sie sich entschieden, den Demenzkranken in Kurzzeitpflege zu geben. "Wenn die Angehörigen sich eine Auszeit gönnen, sind sie oft bereits am Ende ihrer Kräfte", sagt Jansen. Erhielten sie für den Demenzkranken auf absehbare Zeit keinen Pflegeplatz, sei das für sie dramatisch.

Alleingelassen und isoliert

Jansen zufolge erkranken pflegende Angehörige häufiger an Depressionen. Sie fühlten sich in ihrer Situation oft alleingelassen und isoliert. Auch für den Pflegebedürftigen sei es keinesfalls gut, wenn sein Betreuer an seine Belastungsgrenzen stößt, fügte die Geschäftsführerin der Alzheimer Gesellschaft hinzu. "Die Situation kann dann eskalieren und in verbaler oder körperlicher Gewalt enden, die eigentlich nicht gewollt ist."

Die Angehörigen, die in der Kurzzeitpflege aktuell keinen freien Platz finden, geben laut Jansen in der Folge oft die häusliche Pflege auf. "Ihnen bleibt fast nichts anderes übrig, als dauerhaft auf ein Heim auszuweichen, wenn sich keine andere Lösung findet", sagt die 57-Jährige.

In Deutschland sind nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft 1,7 Millionen Menschen demenzkrank, zwei Drittel von ihnen werden zu Hause gepflegt. Angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung rechnen Experten damit, dass sich die Zahl der Demenzkranken bis 2050 auf drei Millionen Menschen erhöhen wird. Am 21. September ist Welt-Alzheimer-Tag.

Patricia Averesch