Ausgabe 16/2018 - 20.04.2018
Erfurt (epd). Arbeitgeber können einen individuell nach tariflichen Grundsätzen vereinbarten Lohn nicht mit Betriebsvereinbarungen zu Lasten des Arbeitnehmers aushebeln. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 11. April verkündeten Urteil entschieden und damit einem in einem Senioren- und Pflegezentrum beschäftigten Masseur einen Lohnnachschlag zugesprochen.
Der Mann arbeitet seit 1991 in der Einrichtung. In einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag stimmte der Arbeitgeber einer Vergütung nach dem Bundesangestelltentarif (BAT) zu. Zwei Jahre später schloss auch der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung, nach der die BAT-Bestimmungen automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen werden, die vor Februar 1993 geschlossen wurden. Ein entsprechender Nachtrag für den Arbeitsvertrag wurde von dem Masseur und dem Arbeitgeber unterzeichnet. Die Vergütung sollte danach dynamisch, je nach aktuellem Tarifvertrag, immer wieder neu angepasst werden.
Als das Pflegezentrum jedoch nach einem Betriebsübergang durch ein anderes Unternehmen übernommen wurde, kündigte der neue, nicht tarifgebundene Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung. Im Zuge einer Arbeitszeiterhöhung im März 2006 vereinbarten die Parteien ein höheres Gehalt und dass "alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrages … unverändert gültig" bleiben.
Der Arbeitgeber meinte, dass wegen der Kündigung der Betriebsvereinbarung die Vergütung des Masseurs nicht mehr dynamisch an die jeweiligen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst angepasst werden muss, sondern auf dem bisherigen Niveau bestehen bleibt. Dem widersprach jedoch das BAG. Eine im einzelnen Arbeitsvertrag festgelegte "Vergütung nach tariflichen Grundsätzen" könne durch eine Betriebsvereinbarung nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden. Der Seniorenheim-Betreiber sei verpflichtet, den Kläger nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zu vergüten.
Az.: 4 AZR 119/17