sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Eltern müssen nicht unbegrenzt Ausbildungsunterhalt zahlen



Eltern müssen nicht zeitlich unbegrenzt Ausbildungsunterhalt für ihre erwachsenen Kinder zahlen. Beginnt ein Kind mit Mitte 20 nach abgeschlossener Lehre ein Medizinstudium, ohne den Vater zuvor über die Ausbildungspläne zu unterrichten, muss dieser nicht für den Unterhalt aufkommen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 3. Mai veröffentlichten Beschluss.

Nach den geltenden Bestimmungen müssen Eltern für die Ausbildung ihres Kindes Unterhalt zahlen. Die Pflicht zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt kann auch dann bestehen, wenn eine Lehre bereits abgeschlossen wurde und ein Studium diese Ausbildung sinnvoll ergänzt. Das Kind darf aber nicht trödeln. Eine feste Altersgrenze, ab wann die Unterhaltspflicht entfällt, gibt es allerdings nicht.

Im konkreten Fall hatte eine fast 26-jährige Frau wegen des Beginns ihres Medizinstudiums BAföG beantragt. Wegen ihres Abiturdurchschnitts von 2,3 hatte sie das Studium nicht sofort nach der Schule beginnen können. Sie schloss daher eine Ausbildung als anästhesietechnische Assistentin ab und arbeitete in dem Beruf. Das Bafög-Amt verlangte vom Vater nun Ausbildungsunterhalt für das Medizinstudium seiner Tochter.

Der getrennt lebende Vater hatte seine Tochter allerdings das letzte Mal im Alter von 16 Jahren getroffen. Nach dem Abschluss ihrer Lehre hatte er sie schriftlich gefragt, ob ihre Ausbildung nun zu Ende sei und er davon ausgehen könne, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Ein Antwort hatte er nicht erhalten.

Je älter das Kind nach Abschluss der praktischen Berufsausbildung sei, desto weniger komme ein Unterhaltsanspruch in Betracht, entschied der BGH. Erfahre ein Vater von dem Ausbildungsplan des Kindes erst zu einem Zeitpunkt, zu dem er nicht mehr damit rechnen müsse, sei die die Unterhaltszahlung unzumutbar.

Hier sei der Vater gar nicht über die Ausbildungspläne informiert worden. Er habe nicht mehr damit rechnen müssen, dass seine Tochter nach dem Abschluss der Lehre mit fast 26 Jahren noch ein Medizinstudium beginne. Er habe ein schützenswertes Vertrauen darauf gehabt, auch seine eigene Lebensplanung gestalten zu können. Daher habe er - nachdem er keine Antwort zu den Ausbildungsplänen seiner Tochter erhalten hatte - Kredite zur Finanzierung seines Eigenheims aufgenommen.

Az.: XII ZB 415/16


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