Ausgabe 15/2017 - 13.04.2017
Berlin (epd). Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) geht von einer hohen Dunkelziffer bei Übergriffen von Patienten auf Pflegepersonal aus. Viele Fälle würden nicht gemeldet, weil es sich um tabuisierte Themen wie sexuelle oder rassistische Übergriffe von Pflegebedürftigen auf Mitarbeiter handele, sagte BGW-Psychologin Claudia Vaupel im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Häufig erhielten die Mitarbeiter auch nicht genügend Unterstützung von den Pflegedienstleitungen und Kollegen. Die Fragen stellte Christina Denz.
"Es sind nicht immer spektakuläre Fälle, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belasten", sagte Vaupel. Vielmehr komme es auf das "innere Erleben" der Pflegekräfte an. Zudem gingen manchen Aggressionen längere Entwicklungsphasen voraus, so dass die Betroffenen teils sich selbst für das Patientenverhalten verantwortlich machten. Andere würden aus Angst vor Jobverlust nichts sagen.
Vaupel rät Pflegeeinrichtungen deshalb zu einem umfassenden Aggressionsmanagement. Dazu gehörten technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen zur Gewaltprävention sowie Hilfe in akuten Situationen und eine Nachbetreuung der betroffenen Mitarbeiter. Vaupel empfiehlt Abteilungen unter anderem Checklisten, die Mitarbeitern helfen, die jeweilige Stimmung des Patienten zu erfassen und etwaigen Aggressionsmomenten vorzubeugen.
Die BGW registrierte 2015 hochgerechnet rund 1.430 Arbeitsunfälle in Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen, die durch Gewalt, Angriff oder Bedrohung verursacht wurden und eine Arbeitsunfälle von mehr als drei Tagen nach sich zogen. Die Zahlen beziehen sich auf die Mitgliedsbetriebe bei der BGW in den Branchen Pflege und Kliniken mit fast 2,6 Millionen Versicherten.