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Flüchtlinge

Weitere 18 Afghanen per Sammelcharter abgeschoben




In einem Flugzeug der Linie "Meridiana" nach Afghanistan: Sammelabschiebung vom Münchner Flughafen.
epd-bild/Lukas Barth

Bei der dritten bundesweiten Sammelabschiebung sind 18 abgelehnte afghanische Asylbewerber ausgeflogen worden. Wie das bayerische Innenministerium am 23. Februar mitteilte, ging der Charterflug am Abend zuvor gegen 21 Uhr vom Flughafen München nach Kabul. Es war der erste Flug von Bayern aus, seit Deutschland wieder nach Afghanistan abschiebt. Die Sammelabschiebung wurde von Protesten am Münchner Flughafen begleitet.

Mehr als 350 Menschen demonstrierten nach Angaben des Bayerischen Flüchtlingsrates im Zentralbereich des Flughafens, darunter etliche afghanische Geflüchtete. Dem bayerischen Innenministerium zufolge kamen fünf der nun abgeschobenen Asylbewerber aus Bayern, vier aus Baden-Württemberg, vier aus Hessen, je zwei aus Hamburg und Sachsen-Anhalt sowie einer aus Rheinland-Pfalz. Es habe sich nur um alleinstehende junge Männer gehandelt, darunter auch Straftäter.

Das Bundesverfassungsgericht stoppte kurz zuvor die Abschiebung eines afghanischen Flüchtlings. Er dürfe nicht abgeschoben werden, bevor über seine Verfassungsbeschwerde entschieden worden sei, heißt es in der Entscheidung der Karlsruher Richter, die dem epd vorliegt. Der Flüchtling hatte einen Asylfolgeantrag gestellt, über den noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Die badische evangelische Landeskirche zeigte sich erfreut über den Abschiebestopp.

Herrmann verteidigt Aktion

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, man werde Ablehnungsbescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge auch weiterhin vollziehen: "Abgelehnte Asylbewerber müssen Deutschland wieder verlassen und in ihre Heimatstaaten zurückkehren."

Seit Tagen streitet sich Bundesinnenminister de Maizière (CDU) mit einigen Landesregierungen über Abschiebungen nach Afghanistan. Der Politiker betonte mehrfach, es gebe sichere Regionen in Afghanistan. De Maizière hatte im Oktober vergangenen Jahres ein Rückführungsabkommen mit dem Land am Hindukusch unterzeichnet, das Sammelabschiebungen dorthin ermöglicht. Daraufhin hatte es im Dezember eine erste solche Abschiebung mit 34, im Januar eine zweite mit 25 Personen und nun mit 18 Personen gegeben.

Thüringen geht auf Distanz

Der thüringische Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) verteidigte den Abschiebestopp seines Landes. "Wenn sie sehen, dass die zivilen Opfer 2016 so hoch waren wie noch nie, dann spricht dies dafür, dass Afghanistan alles andere als ein sicheres Herkunftsland ist", betonte er. Von de Maizière forderte Lauinger eine Begründung, warum all die Berichte über die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan falsch sein sollen.

"Wir maßen uns an, eine Entscheidung, die der Bund getroffen hat, kritisch zu hinterfragen und eine Begründung einzufordern, die uns überzeugt", sagte Lauinger. Der Hinweis auf angeblich sichere Regionen ohne Beweise reiche ihm nicht aus. Der bayerische Innenminister Herrmann monierte hingegen, dass "pauschale Abschiebestopps ohne Einzelfallbetrachtung für alle Afghanen ohne Bleiberecht, wie etwa in Schleswig-Holstein", die hiesige Rechtsordnung konterkarierten.

SPD rügt Kaltschnäuzigkeit

Kritik an den Afghanistan-Abschiebungen kam auch von den Kirchen. Die beiden Bischöfe Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Marx kritisierten die Praxis als "außerordentlich fragwürdig". Afghanistan müsse erst so befriedet werden, dass Menschen wieder sicher dort leben können.

Auch die SPD ging auf Distanz. Für die AG Migration und Vielfals sagte der Abgeordnete Aizs Bozkurt: "Wir sind erschüttert über so viel Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit Menschenleben." Und weiter: "Die Standhaftigkeit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung erfüllt uns mit Stolz. Der Wetterlage an den rechten Stammtischen zum Trotz, hält sie an Humanität und am Abschiebestopp fest."


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