Ausgabe 38/2016 - 23.09.2016
Berlin (epd). Ken Burnett schreibt in seinem Buch "The ZEN of Fundraising": "Fundraising isn’t about asking for money. It’s about inspiring people to believe that they can make a difference - then helping them to make it. So fundraising is the inspiration business." Übersetzt geht es demnach beim Fundraising darum, Menschen zu inspirieren und sie zu begeistern. Insbesondere Stiftungen können potenziellen Geldgebern Ideen anbieten und ihnen zeigen, wie sie mit ihrem finanziellen Beitrag etwas Gutes bewirken können.
Diese Chance haben bereits viele Stiftungen ergriffen: Insgesamt 43 Prozent der vom Bundesverband befragten Stiftungen geben an, Fundraising zu betreiben - operative Stiftungen häufiger als fördernde. Jede sechste Stiftung plant, ins Fundraising einzusteigen. Über ein Drittel der Befragten ist seit mehr als zehn Jahren im Fundraising aktiv.
Das Thema spielt für viele Stiftende bereits im Gründungsprozess eine wichtige Rolle. Laut der aktuellen Studie "Stifterinnen und Stifter in Deutschland. Engagement - Motive - Ansichten", für die im Januar 538 Stiftungen befragt wurden, haben sich 25 Prozent der Befragten schon bei der Gründung besonders mit der Frage beschäftigt, wie sie zusätzliche Spenden und einwerben können.
Die Auswertung zeigte, dass vor allem das Einwerben von Kleinspenden bis 200 Euro (79 Prozent) und Großspenden (75 Prozent) beliebt ist. Aber auch für Zustiftungen und Erbschaften interessieren sich Stiftungen - häufiger als bisher angenommen: Fast drei Viertel der fundraisenden Stiftungen setzen aktuell auf Zustiftungen, 42 Prozent auf Erbschaften.
In diesem Jahrzehnt sollen in Deutschland etwa 2,6 Billionen Euro vererbt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es strategisch sinnvoll, wenn Stiftungen ihre Fundraisingaktivitäten verstärkt in diese Richtung lenken. Mit 56 Prozent plant daher auch mehr als die Hälfte der Befragten, künftig im Erbschaftsmarketing aktiv zu werden. Hierbei erfolgreich zu sein, wird allerdings nicht einfach. Denn Zustifter und Erblasser stehen an der Spitze der sogenannten Spenderpyramide. Sie zu gewinnen, ist nicht zuletzt wegen der intensiven Beziehungspflege sehr anspruchsvoll.
Bei den Fundraisinginstrumenten kommen oft die direkte Ansprache (80 Prozent), Spendenbriefe (60 Prozent) und Veranstaltungen (49 Prozent) zum Einsatz, während Crowdfunding mit neun Prozent bisher kein großes Thema ist. Bei Stiftungen, die mit dem Fundraising erst starten möchten, stehen Internetaktivitäten zur Spendenakquise etwas höher im Kurs (14 Prozent).
Stiftungen mit Fundraisingerfahrung greifen zum Einwerben von Klein- und Dauerspenden besonders auf Spendenbriefe zurück. Wird eine Großspende angestrebt, wählen die Fundraiser der Stiftungen in erster Linie die persönliche Ansprache der potenziellen Geldgeber.
Um die gewonnenen Unterstützer langfristig zu binden, nutzen fast alle Befragten den persönlichen Kontakt (98 Prozent). Dankesbriefe stehen bei knapp 90 Prozent der Stiftungen ebenfalls sehr hoch im Kurs. Um gegenüber den Mittelgebern Rechenschaft abzulegen, nutzen fast zwei Drittel der befragten Stiftungen Jahresberichte sowie gezielte Informationen zu den Projektfortschritten. Bevor man mit Fundraising startet, sollte man zuerst eine Strategie entwickeln. Dass viele Stiftungen bereits einen Plan haben, wie sie vorgehen wollen, zeigen die Ergebnisse der letzten Jahresbefragung des StiftungsPanels des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen aus dem November 2015 zum Thema Stiftungsstrategien.
Demnach hat rund ein Fünftel der Spenden sammelnden Stiftungen ihre Strategie schriftlich festgehalten - über 60 Prozent zumindest mündlich diskutiert. Knapp 90 Prozent der befragten Stiftungen diskutieren ihre Fundraisingstrategie mindestens einmal jährlich, der Großteil von ihnen sogar mehrmals im Jahr.
Die aktuelle Umfrage hat nun ergeben, dass die Befragten im Austausch mit anderen Stiftungen und Organisationen zu Fundraisingkonzepten eine gute Möglichkeit sehen, sich zu informieren. Beratung durch Verbände finden insbesondere Stiftungen hilfreich, die das Einwerben von Geldern erst noch planen; Agenturen spielen hierbei nur eine untergeordnete Rolle.
Dass Fundraising die Chance bietet, die negativen Folgen der anhaltenden Niedrigzinsphase zumindest abzufedern, verdeutlicht folgende Zahl: Ohne zusätzlich eingeworbene Mittel müssten 87 Prozent der befragten Stiftungen Einschränkungen bei ihren Aktivitäten hinnehmen. Engpässe gäbe es insbesondere bei Projekten, teilweise auch bei Programmen und Personal. Vor allem operativ tätige Stiftungen bekämen das deutlich zu spüren.
Möchte eine Stiftung ihre Projekt- und Personalausgaben stabil halten oder gar ihr Stiftungskapital aufstocken, führt kaum ein Weg an systematischem Fundraising vorbei. Erfolgreiches Einwerben von Spenden, Zustiftungen und Erbschaften ist allerdings an gewisse, auch institutionelle Voraussetzungen geknüpft, die noch nicht alle Stiftungen erfüllen. Von den Stiftungen, die bisher kein Fundraising betreiben, nennt mehr als die Hälfte als Grund eine fehlende organisationsinterne Bereitschaft.
Außerdem hält mehr als ein Drittel dieser Stiftungen Fundraising für zu zeitaufwendig. Immerhin ein Viertel von ihnen kommt offenbar ohne Fundraising aus, weil sie über genügend Mittel verfügen.
Detaillierte Ergebnisse der Befragung sind im Stiftungsfokus Nr. 7 "Fundraising von Stiftungen" veröffentlicht. Die digitale Reihe ist kostenfrei abrufbar unter www.stiftungen.org/stiftungsfokus. Weitere Informationen: www.stiftungen.org/stiftungspanel
Eine kürzere Fassung des Artikels ist zuerst erschienen in der StiftungsWelt 2/2016, dem Magazin des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.