Ausgabe 06/2016 - 12.02.2016
Oldenburg (epd). Die Integration von Zuwanderern ist nach Ansicht des Migrationsexperten Theo Lampe von der Oldenburger Diakonie vor allem eine Frage der Nachbarschaft. "Es geht um das Miteinander und um das Zugehörigkeitsgefühl von Menschen zu Menschen", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Politiker könnten dies nicht mit einer Integrationspflicht verordnen. "Das können nur die Nachbarn leisten."
Jeder Zugewanderte bringe seine Wurzeln und seine eigene Lebensgeschichte mit. Integration könne deshalb nur in der direkten Begegnung gelingen: "Sie geschieht im Austausch, im Hören und Erzählen der jeweils eigenen Geschichte", unterstrich Lampe. Wer seine Heimat verlasse, treffe eine "Hoffnungsentscheidung" auf ein besseres Leben. "Diese Leute verdienen Respekt und Anerkennung."
Lampe ist seit mehr als 30 Jahren bei der Diakonie für Migrationsarbeit zuständig. Wer eine Integrationspflicht fordere, erwarte, dass sich die Menschen einer Gesellschaft anpassten. Lampe warnte vor übersteigerten Erwartungen: "Für viele Menschen bedeutet Integration, dass sich die Migranten so verhalten sollen, wie wir Deutschen eigentlich gerne wären. Sauber, pünktlich, fleißig, respektvoll und immer verlässlich." Das solle jeder Deutsche einmal selbstkritisch hinterfragen.
Er begleite nun die dritte große Fluchtbewegung, sagte Lampe. In den 1980er Jahren seien aus der Türkei Aramäer und Jesiden gekommen. In den 1990er Jahren folgten die Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und sehr viele Spätaussiedler aus Russland. Nun kämen die Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika.
In den 1980er und 1990er Jahren habe es keine wirkliche Integrationspolitik gegeben. "Dieser Fehler darf nicht wiederholt werden", mahnte Lampe. Integration müsse ab dem ersten Tag mit der Vermittlung der Sprache beginnen. "Das gilt für die Kitas, die Schulen und auch für die Erwachsenen, denen eine Perspektive auf Arbeit vermittelt werden muss."
Bis ein Flüchtling offiziell einen Sprach- oder Integrationskurs besuchen dürfe, vergingen Monate, kritisierte Lampe. "Darum ist es gut, dass wir ein so hohes Maß an ehrenamtlichen Engagement haben und so viele Freiwillige, die den Migranten die deutsche Sprache privat beibringen. "Die Ehrenamtlichen, also die Nachbarn, können und müssen die Integration selbst in die Hand nehmen und diese Lücke schließen."