Der parteilose Jurist Kais Saïed ist zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt in Tunesien erklärt worden. Dies gab die Wahlbehörde am 14. Oktober in Tunis bekannt. Demnach erhielt Saïed 72,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Sein Gegenkandidat Nabil Karoui kam lediglich auf 27,3 Prozent.

Die Wahlbeteiligung lag bei 55 Prozent der gut sieben Millionen registrierten Wähler. Wie im ersten Wahlgang, in dem Saïed 18,4 Prozent der Stimmen geholt hatte, stimmten vor allem junge Wähler für ihn. Ersten Umfragen eines privaten Umfrageinstituts zu Folge entschieden sich 90 Prozent der 18- bis 25-jährigen Wähler für ihn.

Gegenkandidat Karoui hatte bereits am Vorabend die Tatsache, dass er keinen Wahlkampf führen konnte, für seine Niederlage verantwortlich gemacht. Er hatte seit Ende August wegen Vorwürfen der Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft gesessen und war kurz vor der Wahl freigekommen. Karoui gratulierte Saïed zu dessen Sieg. Ob er das Ergebnis anfechten wird, ist noch offen.

Saïed hatte ohne Partei im Hintergrund und mit einfachsten Mitteln Wahlkampf geführt. Am 13. Oktober sagte er, die Tunesier hätten "der ganzen Welt eine Lektion erteilt. Es ist eine Revolution im Rahmen einer demokratischen Verfassung und in völliger Legalität". Saïed, der gesellschaftlich konservative Positionen vertritt, plant nach eigenen Angaben die Einführung eines dezentralen, basisdemokratischen Regierungssystems.