Rom/Münster (epd). Papst Franziskus hat am 6. Oktober bei einer feierlichen Messe zur Eröffnung der Amazonas-Synode im Vatikan zu mutigen Reformen aufgerufen. Das katholische Kirchenoberhaupt äußerte vor den rund 280 Teilnehmern im römischen Petersdom die Hoffnung auf "wagemutige Besonnenheit", um das Leben der Kirche im Amazonas-Gebiet zu verändern.
Im Zusammenhang mit der Abholzung und Brandrodung des Regenwalds heute sowie den Kolonialherren der Vergangenheit wies der Papst auf das Leiden der indigenen Bevölkerung in der Region hin. Er prangerte Wirtschaftsinteressen an, die jüngst mit ausgedehnten Waldbränden zur Zerstörung breiter Landstriche im Amazonas-Gebiet geführt hätten. Zugleich beklagte Franziskus, dass der christliche Glaube den Ureinwohnern ehemals oft "nicht angeboten sondern aufgezwungen" worden sei. Dabei habe es häufig "Kolonisierung statt Evangelisierung gegeben". Auch heute bedrohe "Gier" moderner Kolonialherren das Leben der Indigenen.
Debatte wegen Priestermangels
Angesichts von Überlegungen, die Priesterweihe verheirateter Männer als Antwort auf den Priestermangel im Amazonas-Gebiet zulassen, bezichtigte Franziskus seine Gegner, die Häresie-Vorwürfe gegen ihn erhoben, Angst vor Veränderungen zu haben. Er kritisierte die Tendenz, nur die eigenen Ideen gelten zu lassen. Wer Unterschiede nicht gelten lasse und stattdessen Menschen und Ideen vereinheitlichen wolle, schüre ein zerstörerisches Feuer.
Bei der dreiwöchigen Amazonas-Synode unter dem Titel "Amazonien - Neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" geht es vorrangig um Umweltzerstörung, die Lage der Indigenen und Priestermangel in dem neun Länder umfassenden Gebiet. Von den rund 180 Bischöfen, die an der Versammlung gemeinsam mit Ordensleuten und Experten teilnehmen, stammen 113 aus dem Amazonas-Gebiet.
Der brasilianische Bischof Johannes Bahlmann erhofft sich von der Synode Lösungsansätze, etwa zur Behebung des Priestermangels. Um dem Sendungsauftrag gerecht zu werden, seien im Amazonasgebiet neue Wege und Formen für das christliche Leben notwendig, sagte der Bischof, der an der Synode teilnimmt, am 5. Oktober in Münster. In dem von ihm geleiteten Bistum Óbidos - flächenmäßig halb so groß wie Deutschland, aber dünn besiedelt und teils schwer zugänglich - gebe es rund 30 hauptamtliche Priester. Viele Gemeinden würden deshalb bereits von ehrenamtlichen Laien geleitet.
Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat kündigte an, in Rom auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung aufmerksam machen. "Am Amazonas brennen die Wälder, indigene Völker werden vertrieben oder ermordet", erklärte Adveniat-Hauptgeschäftsführer Michael Heinz am Samstagabend.
Zum Priestermangel sagte er, viele Gemeinden könnten nur ein, zwei oder drei Mal im Jahr die Eucharistie feiern. "Damit wird den Gläubigen das Recht auf die Quelle ihres Glaubens konsequent verweigert", kritisierte er. Es sei deshalb unausweichlich, über alternative Modelle des Zugangs zu Priesteramt und Gemeindeleitung nachzudenken. Möglich wäre die Weihe verheirateter älterer Männer, die im Team eine Gemeinde leiten. Darüber hinaus müsse über die Beteiligung von Frauen gesprochen werden.
Zu den als Zuhörer eingeladenen Teilnehmern der Amazonas-Synode gehören auch 17 Vertreter der Ureinwohner. Aus Deutschland nehmen neben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die in Peru lebende Theologin Birgit Weile, der Adveniat-Chef sowie auch der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, teil. Als Experte wird im Zusammenhang mit der Zerstörung des Regenwalds im Amazonas-Gebiet der Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, nach Rom kommen.