Das Highlight ist zweifellos die mehrere Meter lange Rekonstruktion eines "Zuckerbanketts" aus dem Jahre 1585: Zwei Burganlagen samt Park, Bäumen, bunten Pfauen und anderen Tieren, großen Kerzenleuchtern, Tellern, Bestecken, Tischdekoration und weiteren Utensilien - alles aus geblasenem und modelliertem Zucker. Das Neusser Clemens Sels Museum präsentiert das Werk der Konditorenkunst in einer Ausstellung. Die Nachbildung hat der Düsseldorfer Zuckerbäcker Georg Maushagen angefertigt.

Das Original war vor über 400 Jahren zur Hochzeit von Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg (1562-1609) mit der Markgräfin Jacobe von Baden (1558-1597) aus dem damals sündhaft teuren Rohstoff Zucker erstellt worden, wie Kurator Carl Pause erläutert. Süßes habe früher nie in großen Mengen zur Verfügung gestanden und sei bis ins 19. Jahrhundert vor allem den Reichen, zumeist Adligen vorbehalten gewesen.

Von teurem Zuckerwerk und Schokolade als Medizin

"Süßkram - Naschen in Neuss" heißt die große Themenschau, die das Clemens Sels Museum bis 13. Oktober zeigt. Die weit über 300 Exponate sind laut Carl Pause ein "süßer Spiegel der Kulturgeschichte". Nach Angaben des Kurators waren es die Römer, die vor etwa 2.000 Jahren den Obstanbau bekanntmachten. Äpfel, Pflaumen oder Trauben konnten zu Gelee gekocht und zum Süßen von Speisen verwendet werden.

Im Hochmittelalter dann brachten Kaufleute Rohrzucker aus dem Orient nach Europa. Zucker war zu dieser Zeit ein Luxusgut. Die, die sich diesen Luxus leisten konnten, aßen kandierte Früchte und Nüsse als "Confect" nach einem meist opulenten Festmahl. Auch der Kakao kam durch Entdeckungsreisen der Seefahrer zunächst nach Portugal und dann in andere europäische Länder. Es waren im 19. Jahrhundert vor allem die Apotheker, die Kakao und Schokolade zubereiteten, die auch als Medizin genutzt wurde.

Einem Niederländer namens van Houten gelang es später, die Kakaobutter zu separieren, so dass man Kakao-Pulver herstellen konnte, das nicht mehr so fetthaltig war. In den 1880er Jahren kamen dann erstmals Schokoladentafeln und Schoko-Formen auf den Markt, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind. Künstlerisch gestaltete Dosen für das Kakao-Pulver sind ebenso ausgestellt wie zahlreiche unterschiedliche Schokoladen-Verpackungen und Pralinen-Dosen.

Namen wie die 1860 in Neuss gegründete Firma Novesia, zu deren bekanntesten Produkten die "Novesia Goldnuss-Schokolade" mit garantiert 27 ganzen Haselnüssen gehörte, aber auch die Kölner Firma Stollwerck und andere Hersteller sind in der Schau vertreten. Dazu zählt auch die Firma Münster's, die seit 1931 Kaubonbons mit dem Namen Maoam produziert.

Die Römer bucken flache Kuchen

Automaten, Vitrinen, ganze Theken alter Süßwarengeschäfte, alte Werbefilme, Plakate, Gussformen, auch Porzellanfiguren oder alte Holzmodelle zum Backen wurden für die Ausstellung zusammengetragen. So erfährt der Besucher, dass die Römer in ihrem Neusser Lager für religiöse Feste einen flachen Kuchen mit geriebenem Käse herstellten, der Gottheiten zeigte. Die runden, etwa einen Zentimeter dicken Fladen der Römer hat das Museum mit einer nachgefertigten Form durch einen Neusser Bäcker und Konditor nachbacken lassen. Modelle für süße Opferbrote aus dem 15. Jahrhundert zeigen eine Abendmahlszene oder das Gesicht Christi.

Auch über die Geschichte der Bonbons informiert die Schau. Im Jahr 1572 bot demnach der französische König Heinrich IV. die kleinen Köstlichkeiten zu seiner Hochzeit den Gästen an, wie Pause erzählt. Die Kinder riefen daraufhin begeistert "Bon! Bon!", was auf deutsch "Gut! Gut!" bedeutet. In Neuss gibt es nun für die Besucherinnen und Besucher eigens für die Ausstellung gefertigte Lutscher mit dem Logo des Museums.