Das von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) angeregte "Reformationsfenster" für die Marktkirche in Hannover soll nach einem Beschluss des Kirchenvorstandes trotz Kritik an dem Projekt angefertigt werden. Das Gremium entschied am 20. März, das Fenster nach einem Entwurf des Künstlers Markus Lüpertz in Auftrag zu geben. "Der Kirchenvorstand trifft diese Entscheidung nach mehrjähriger intensiver Debatte, die für ein Jahrhundert-Projekt wie das Reformationsfenster auch notwendig gewesen ist", sagte Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann.

"Wir haben uns eingehend mit den zustimmenden und ablehnenden Positionen beschäftigt", sagte die evangelische Pastorin. Der Kirchenvorstandsvorsitzende Reinhard Scheibe bekräftigte: "Unserer Auffassung nach hat eine Kirchengemeinde das Recht, über die Gestaltung ihres Kirchenraumes zu entscheiden und ihren Gestaltungswillen durchzusetzen. Eine Kirche dient der Religionsausübung und ist kein Museum."

Der Erbe des Architekten Dieter Oesterlen (1911-1994), Georg Bissen, hatte Widerspruch gegen das 13 Meter hohe Buntglasfenster angemeldet, das Schröder (74) der evangelischen Kirche schenken will. Bissen hält das geplante Fenster für nicht vereinbar mit dem architektonischen Konzept seines Stiefvaters. Der in Tokio lebende Rechtsanwalt verwaltet die Urheberrechte an der Neugestaltung der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg durch Oesterlen.

Schröder bezahlt

Der Entwurf von Markus Lüpertz (77), einem Freund Schröders, setzt sich in zahlreichen Symbolen mit dem Leben und Werk des Reformators Martin Luther (1483-1546) auseinander. Luther erscheint als große weiße Gestalt. Für kontroverse Diskussionen sorgen vor allem fünf Fliegen als Symbol des Bösen und der Vergänglichkeit.

Altkanzler Schröder hatte angekündigt, er wolle der Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover das Fenster schenken. Allein die Kosten für Material, Herstellung und Einbau werden auf rund 150.000 Euro geschätzt. Zur Finanzierung will Schröder Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben.

Nach dem Beschluss müsse die Marktkirche nun in Abstimmung mit der landeskirchlichen Aufsicht und dem Denkmalschutz den Auftrag zur Anfertigung des Reformationsfensters vertraglich ausarbeiten, hieß es.