Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) in NRW hat die von den CDU- und FDP-Landtagsfraktionen geplante Abschaffung der Stichwahlen bei den Kommunalwahlen als "verfassungswidrig" abgelehnt. Die Abschaffung der Stichwahl entspreche nicht "den verfassungsrechtlichen Anforderungen für eine Änderung des Wahlmodus", sagte der SGK-Landesvorsitzende, der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD), am 15. Februar in Düsseldorf bei der Vorstellung eines Gutachtens zu der Zulässigkeit der Abschaffung der Stichwahlen.

Wahlen bräuchten eine gute demokratische Basis und Verlässlichkeit, erklärte Baranowski. Die Voraussetzungen der Wahlen dürften nicht nach Belieben in kurzen Abständen verändert werden.

Offener Brief an Laschet

Die Abschaffung der Stichwahl würde "Minderheiten-Bürgermeister" hervorbringen, die im ersten Wahlgang "mit nur relativer Mehrheit weit unterhalb der Schwelle der absoluten Mehrheit gewählt" würden, erklärte der Ersteller des Gutachten, Frank Bätge von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen. Deren demokratische Legitimation sei "besonders gefährdet", da sich die Mehrheit der Wähler nicht für sie ausgesprochen habe.

Mehr als 50 Bürgermeister und Landräte aus NRW forderten in einem offenen Brief an Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) den Erhalt der Stichwahl. Die Stichwahl sei "ein Garant für mehr Demokratie in unserem Land", erklärten sie. Sollte sie abgeschafft werden, wäre NRW das einzige Bundesland, das keinen zweiten Wahlgang bei einer Kommunalwahl mehr hätte. "NRW wäre dann trauriger Vorreiter für weniger Demokratie", mahnten die Kommunalpolitiker.

Nach den derzeitigen Plänen der Regierungsfraktionen im Landtag soll die Stichwahl bei den Bürgermeister- und Landratswahlen zum Jahr 2020 wieder abgeschafft werden. Damit würde ein Kandidat für ein Bürgermeister- oder Landratsamt schon im ersten Wahlgang mit einer relativen Mehrheit der Stimmen gewählt. Ein zweiter Wahlgang, bei dem sich die beiden erstplatzierten Bewerber dem Votum der Wähler stellen, würde entfallen. Als Grund für die Abschaffung der Stichwahl verweisen CDU und FDP darauf, dass der zweite Wahlgang nicht mehr Bürger zur Wahlurne locke als der erste. Stattdessen würden lediglich zusätzliche Kosten verursacht.

Die Stichwahl in NRW war bereits unter der Regierung des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers 2007 abgeschafft worden. Die rot-grüne Landesregierung unter Hannelore Kraft (SPD) hatte den zweiten Wahlgang bei den Bürgermeister- und Landratwahlen dann 2011 wieder eingeführt, weil sie eine stärkere demokratische Legitimation für die gewählten Chefs der kommunalen Verwaltungen erreichen wollte.