Rom/Dublin (epd). Papst Franziskus hat am 26. August zum Abschluss seiner zweitägigen Irlandreise um Vergebung für sexuellen Missbrauch durch Geistliche sowie die Vertuschung der Übergriffe gebeten. Zugleich forderte er bei der Abschlussmesse des Weltfamilientreffens in Dublin vor Hunderttausenden Gläubigen dazu auf, adoptierte Kinder lediger Mütter, die in kirchlichen Mütterheimen in Irland festgehalten wurden, mit ihren Eltern zusammenzuführen.
In Berichten staatlicher Untersuchungskommissionen war in den vergangenen Jahren von 14.500 Missbrauchsopfern in der irischen Kirche die Rede. Nach Bekanntwerden der Skandale um den Missbrauch Minderjähriger, die Ausbeutung lediger Mütter und illegale Adoptionen von deren Kindern war es 2011 zu einer diplomatischen Verstimmung zwischen Irland und dem Heiligen Stuhl gekommen. Auf deren Höhepunkt wurde der Vatikanbotschafter aus Dublin abgezogen und die irische Botschaft beim Heiligen Stuhl zeitweise geschlossen
Christliche Liebe, wie sie von Familien verkörpert werde, könne allein die Welt von der Sklaverei der Sünde, von Egoismus, Gier und Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen der weniger Erfolgreichen erlösen, sagte der Papst bei der Messe zum Weltfamilientreffen im Croke-Park-Stadion in seiner Predigt. Er äußerte Verständnis für die Schwierigkeit, christliche Gebote wie Barmherzigkeit und Vergebung umzusetzen.
"Offene Wunde"
Bei einem Besuch im Marienheiligtum von Knock in Westirland hatte der Papst Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche zuvor als "offene Wunde" bezeichnet. Die Kirche dürfe nie wieder zuzulassen, dass sich Missbrauch und Misshandlungen wiederholen, sagte er beim Angelusgebet am Sonntagvormittag in Knock-
Der irische Premierminister Leo Varadkar hatte den Papst am Samstagabend zu verstärkten Bemühungen bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle aufgerufen. Versäumnisse im Umgang mit Missbrauch bezeichnete er als Geschichte von Leid und Schmerz, die Staat und Kirche in Irland miteinander teilten. Bei einer Begegnung mit Regierungsvertretern, Diplomaten und Vertretern der Zivilgesellschaft sagte Franziskus in Dublin, das Versäumnis kirchlicher Autoritäten, mit diesen "abscheulichen Verbrechen" angemessen umzugehen, habe zu Recht Empörung hervorgerufen. Es sei für Katholiken noch immer Grund für Leid und Scham.
Franziskus traf sich am 25. August in der Vatikanbotschaft in Dublin mit acht Missbrauchsopfern. Dabei verglich er die Täter nach Angaben von Teilnehmern mit einem umgangssprachlichen Begriff auf Spanisch mit Exkrementen. Demonstranten wollten am Sonntag am Sitz eines ehemaligen kirchlichen Heims für ledige Mütter und ihre Kinder, auf deren Gelände 2014 ein anonymes Grab mit Überresten Hunderter Babyleichen entdeckt worden war, eine Mahnwache halten.
Rücktrittsforderung
Während der Papst in Irland wiederholt Versäumnisse der Kirche im Umgang mit Missbrauch anprangerte und um Vergebung dafür bat, forderte ihn ein ehemaliger Vatikandiplomat zum Rücktritt auf. In einem elfseitigen Schreiben an konservative katholische Medien erklärte Erzbischof Carlo Maria Viganò, er habe Franziskus umgehend nach dessen Wahl 2013 über Missbrauchsvorwürfe gegen US-Kardinal Theodore McCarrick informiert. Franziskus hatte vor wenigen Wochen den Rücktritt des ehemaligen Bischofs von Washington aus dem Kardinalskollegium angenommen. Dieser soll minderjährige und volljährige Seminaristen missbraucht haben. Viganò war von 2011 bis 2016 Vatikanbotschafter in Washington.