Beamte sind gegenüber dem Staat zur Treue verpflichtet und dürfen daher nicht streiken. Das in Deutschland geltende generelle Streikverbot für Beamte verstoße weder gegen die Europäische Menschenrechtskonvention noch gegen die im Grundgesetz verankerte Koalitionsfreiheit, entschied am 12. Juni das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. (AZ: 2 BvR 1738/12, 2 BvR 1395/13, 2 BvR 1068/14 und 2 BvR 646/15)

Hintergrund des Rechtsstreits waren Streikaufrufe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. An den Streikmaßnahmen nahmen nicht nur angestellte, sondern auch beamtete Lehrer, darunter die vier Beschwerdeführer teil. Diese erhielten einen Verweis und mussten Geldbußen von bis zu 1.500 Euro bezahlen.

Nur bei hoheitlichen Aufgaben wie etwa bei der Polizei sei ein Streikverbot begründet, erklärten die Lehrer mit Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) aus den Jahren 2008 und 2009. Ein Streikverbot verstoße zudem gegen die im Grundgesetz verankerte Koalitionsfreiheit, die auch ein Streikrecht beinhaltet.

Treue gegenüber dem Staat

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das generelle Streikverbot für Beamte. Es stehe mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz im Einklang. Die Beamten seien damit nicht schutzlos gestellt. Denn der Staat sei verpflichtet, seine Staatsdiener und ihre Familien angemessen zu "alimentieren", sprich: zu vergüten.

Der Alimentationsgrundsatz schützt Beamte davor, nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt zu werden. Dies könne auch gerichtlich überprüft werden, so die Verfassungsrichter. Würde ein Streikrecht zuerkannt, ließe sich die Alimentation nicht mehr rechtfertigen.

Im Gegenzug seien die Beamten zur Treue gegenüber dem Staat verpflichtet, um die staatlichen Institutionen funktionsfähig zu halten. Diese Pflicht sei nicht nur auf Beamte mit hoheitlichen Aufgaben beschränkt, sondern gelte ebenso für beamtete Lehrer. Denn Lehrer müssten den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag gewährleisten, der verfassungsrechtlich einen hohen Stellenwert habe. Das Streikverbot verstoße nicht gegen die Menschenrechtskonvention.

"Schwarzer Tag für Demokratie"

Die GEW zeigte sich von dem Urteil enttäuscht. "Das ist ein Schwarzer Tag für Demokratie und Menschenrechte", sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Das Urteil sei ein "Rückschritt ins vergangene Jahrhundert".

Kai Rosenberger, Vorsitzender der BBW Beamtenbund Tarifunion sieht sich mit der Entscheidung bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht nur die Treuepflicht, sondern auch die ausreichende Alimentation der Beamten betont und so letztlich das Berufsbeamtentum gestärkt.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht in dem Urteil einen Erfolg zur Sicherstellung der Schulpflicht. "Will der Staat die Schulpflicht sichern, muss er sich auf die Pflichterfüllung der verbeamteten Lehrkräfte stützen können", sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Ein Streikrecht sei damit nicht vereinbar.