Tausende afrikanische Flüchtlinge in Israel können aufatmen. Sie müssen vorerst keine Zwangsverschickung nach Uganda oder Ruanda fürchten. Die Regierung beugt sich einem Urteil des Obersten Gerichts, wonach eine Ausweisung nur dann möglich ist, wenn eine geregelte Aufnahme in einem Drittland garantiert ist. Die geplanten Abkommen mit Uganda und Ruanda waren aber geplatzt. Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht für die Flüchtlinge: Die Regierung will das vor wenigen Wochen geschlossene Haftlager Holot wieder öffnen.

Rund 40.000 Flüchtlinge, zumeist aus dem Sudan und Eritrea, leben heute in Israel. Für einen Staat, der innerhalb kürzester Zeit eine Million russische Immigranten aufgenommen hat, ist das eine relativ kleine Zahl. Dennoch wollen die national-religiösen und die ultra-orthodoxen Koalitionspartner von Regierungschef Benjamin Netanjahu einem unbefristeten Aufenthalt der Schutzsuchenden unter keinen Umständen zustimmen, da sie eine Gefährdung "des jüdischen Charakters Israels" befürchten.

Zickzackkurs

Seit Monaten verfolgt Netanjahu, der von "Arbeits-Infiltranten" spricht, einen zermürbenden Zickzackkurs. Zunächst hieß es, die Hilfesuchenden sollten zwischen "freiwilliger" Ausreise oder Gefängnis wählen. Dann verkündete Netanjahu Anfang April überraschend, Israel sei mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zu der Einigung gekommen, dass innerhalb von fünf Jahren "16.250 von westlichen Staaten, wie Kanada und Deutschland" aufgenommen würden. Und der gleichen Anzahl von Flüchtlingen werde Aufenthalt und Arbeit in Israel gestattet. Auch daraus wurde nichts.

Netanjahu kehrte zum ursprünglichen Plan der beschleunigten Ausweisung zurück. Das Prozedere zielte zunächst auf alleinstehende Männer, die mit 3.500 US-Dollar Prämie gelockt werden sollten, ein One-Way-Ticket in die Ungewissheit zu akzeptieren. Problematisch für den Plan war, dass Ruanda und Uganda die Freiwilligkeit der Flüchtlinge voraussetzten. Diese Lücke machten sich mehrere Menschenrechtsorganisationen zu nutze, um vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen.

Im Ergebnis musste die Regierung den Plan aufgeben und die letzten 200 Häftlinge aus dem Flüchtlingsgefängnis Saharonim freilassen. Das Haftlager Holot war bereits im März geschlossen worden. Noch bis Sonntag rang eine israelische Sonderdelegation um die Zustimmung der Regierungen in Ruanda und Uganda - ohne Erfolg.

Haftlager

Regierungschef Netanjahu und Innenminister Arie Deri, Chef der orthodoxen Partei Schass, kündigten nun am 24. April an, das Haftlager Holot zu reaktivieren, das Platz für bis zu 4.000 Männer hat. Zugleich soll eine Gesetzreform vorangetrieben werden, mit der die Regierung den Obersten Gerichtshof umgehen könnte.

Die Debatte über die Flüchtlinge spaltet die 8,5 Millionen Israelis. Während vor allem der national-religiöse Sektor Härte zeigt, gibt es im weltlich-liberalen Lager große Solidarität. Rund 25.000 Demonstranten zogen in Tel Aviv auf die Straße und forderten die Regierung zur Aufnahme der Flüchtlinge auf.