Berlin/Rio de Janeiro (epd). Die G20-Staaten haben sich zur Zusammenarbeit bei der Besteuerung von Milliardenvermögen geeinigt. „Unter voller Achtung der Steuerhoheit wollen wir gemeinsam sicherstellen, dass Individuen mit einem ultrahohen Vermögen effizient besteuert werden“, hieß es in der am 18. November veröffentlichten Abschlusserklärung der Staats- und Regierungschefs beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nannte die Einigung einen echten Gipfelerfolg für den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva.

Die G20-Vereinbarung geht auf Lulas Initiative zurück. Er hatte im Vorfeld vorgeschlagen, dass Milliardenvermögen global mit zwei Prozent besteuert werden. Damit könnten pro Jahr 250 Milliarden US-Dollar eingenommen werden, um die soziale und ökologische Transformation voranzubringen, Ungleichheiten zu verringern und die nachhaltigen Entwicklungsziele zu finanzieren. Zugleich sollen laut Vereinbarung gemeinsame Mechanismen gegen Steuervermeidung erarbeitet werden.

Schulze: Milliardäre zahlen prozentual weniger Steuern als eine Lehrerin

In seiner Rede auf dem G20-Gipfel erinnerte Lula an die Weltfinanzkrise 2008. „Es wurde beschlossen, den privaten Sektor zu retten, anstatt den Staat“, sagte er. Der dann erwirtschaftete Wohlstand sei aber nicht bei den Bedürftigsten angekommen. Die Einführung einer globalen Steuer für Superreiche und Initiativen für die weltweite Bekämpfung von Hunger gehörten zu den wichtigsten Anliegen der brasilianischen G20-Präsidentschaft.

Schulze sagte, die erstmalige Vereinbarung auf eine wirksame Besteuerung von Ultrareichen sei nicht das Ende, sondern der Anfang eines Weges zu mehr globaler Fairness. Denn es sei ungerecht, dass prozentual die meisten Milliardäre heute deutlich weniger Steuern zahlten als eine Lehrerin oder eine Putzkraft. „Jetzt muss aus dem politischen Konsens Wirklichkeit werden.“

Vorstoß des französischen Ökonomen Zucman

Die Idee einer globalen Besteuerung von Milliardenvermögen geht auf den französischen Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman zurück, der in Paris und den USA lehrt. Den Gipfelbeschluss bezeichnete er historisch. „Zum ersten Mal in der Geschichte stimmen die G20-Chefs darin überein, dass die Superreichen besteuert werden müssen“, erklärte die Unabhängige Kommission für die Reform internationaler Unternehmensbesteuerung (ICRICT), der Zucman angehört.

Auch die Hilfsorganisation Oxfam begrüßte den Vorstoß. Brasiliens Präsident Lula habe mit der Initiative neue Maßstäbe gesetzt, sagte der Oxfam-Experte Jörn Kalinski im Deutschlandfunk. Bei früheren Gipfeltreffen hätten meist klare Zielrichtungen gefehlt. Jetzt müssten der Ankündigung Taten folgen.

Schulze verwies darauf, dass auch in den Ländern des globalen Südens entsprechende Gesetze nötig seien. „Denn auch in vielen Entwicklungsländern gibt es Milliardäre, die deutlich mehr zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können.“