Hannover (epd). Die badische Landesbischöfin Heike Springhart hat an ihre Kirche appelliert, sich selbstkritisch mit Macht auseinanderzusetzen. In der evangelischen Kirche werde die Existenz von Macht negiert. „Wir tun so, als hätten wir keine Macht“, sagte Springhart am Samstag beim 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover. Damit werde Kirche unangreifbar und setze sich nicht mit dem Missbrauch von Macht auseinander. „Wir müssen Machtstrukturen transparent machen, die undercover daherkommen.“
Ebenso müsse die Theologie „als ein selbstkritsches Unterfangen begriffen“ werden, sagte die Bischöfin und Professorin für Systematische Theologie auf dem Podium „Gewaltraum Kirche“. Es gebe nicht eine einzige Theologie. Es gehe darum, dem Geheimnis Gottes und den vielen Gottesbildern auf der Spur zu bleiben.
Kirche dürfe Gruppen wie queere Menschen, Betroffene von sexuellem Missbrauch und Menschen mit Behinderung nicht länger marginalisieren, forderten Vertreter dieser Gruppen. Die behinderte Theologiestudentin Julia Schönbeck wünscht sich, dass sie nicht als Hilfsbedürftige, sondern als Mitwirkende gesehen werde.
Betroffener: Sexualität noch immer Tabuthema
Lukas Johrendt, Doktorand für Systematische Theologie an der Universität der Bundeswehr in Hamburg, fordert eine queere Theologie, die den Menschen nicht nur als Mann und Frau betrachtet. Matthias Schwartz, Pfarrer und Betroffener von sexuellem Missbrauch, kritisierte, dass Sexualität in den Kirchengemeinden noch immer ein Tabuthema sei. „Es gibt keine Worte für Sexualität. Deshalb haben Betroffene von sexuellem Missbrauch keine Chance, ihre Geschichten zu erzählen.“