Hannover (epd). Aus Sicht von Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund hat nur eine politische Kirche Relevanz. Eine Kirche mit aktuellem Bezug schlage einen Bogen zwischen Transzendenz und Tagespolitik, sagte Siegesmund dem Portal „Zeit online“ in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview. Am Abend sollte der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover eröffnet werden.
Siegesmund, die den Grünen angehört, wies die Kritik zurück, dass sich die Kirche unter anderem in der Klimapolitik und bei den Themen Flucht und Migration einseitig links positioniere. „Es wäre schön, wenn wir die Fragen nach wirksamem Klimaschutz oder ob die Kirche Solarpaneele auf ihre Dächer montieren sollte, gar nicht stellen müssten. Doch die Realität ist, dass wir in 20 Jahren klimaneutral in Europa sein wollen“, sagte Siegesmund, die Umweltministerin in Thüringen war und inzwischen als Präsidentin dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft vorsteht. Auch sei es Realität, dass jeden Tag im Mittelmeer Menschen ertrinken. Um etwas zu bewegen und Menschen in Not zu helfen, sei es für die Kirche richtig, gezielt mit der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen zusammenzuarbeiten.
Klöckner stellt sich der Debatte
Die Debatte um politische Positionierungen der Kirchen war an Ostern neu entbrannt, nachdem sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) in der „Bild am Sonntag“ mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen im Stile einer Nichtregierungsorganisation gewünscht hatte. Kirche werde austauschbar, wenn sie zu beliebig werde und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe.
Klöckner stellt sich nach ihrer Kritik an den Kirchen auf dem evangelischen Kirchentag in Hannover zum Gespräch. Am Samstag wird die katholische CDU-Politikerin auf einer Bühne auf dem Messegelände mit Kirchentagspräsidentin Siegesmund und der Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, diskutieren.
Diskussion auf dem „Roten Sofa“ des EMVD
Die 30-minütige Gesprächsrunde mit Klöckner, Siegesmund und Heinrich ist Teil des Programms beim „Roten Sofa“ des Evangelischen Medienverbandes in Deutschland (EMVD) auf dem Kirchentag, der bis Sonntag dauert. Insgesamt werden auf dem „Roten Sofa“ etwa 30 Prominente aus Politik und Kirche, Gesellschaft, Kultur und Medien befragt.
Die Geschäftsführung des EMVD liegt im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt am Main. Das GEP ist auch Träger der Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd).