Nürnberg (epd). Mit eindringlichen Aufrufen zum Frieden und zum Kampf gegen die Klimakrise hat der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg begonnen. Bei der Eröffnung am Mittwochabend stellte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit deutlichen Worten hinter die Unterstützung der Ukraine mit Waffen. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm warnte im Freiluft-Gottesdienst: „Mit der ökologischen Umorientierung von Wirtschaft und Gesellschaft geht es viel zu langsam. Das Klima droht zu kippen.“

Steinmeier sagte zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine: „Auch ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich einmal sagen würde: Neben all den anderen Anstrengungen, es ist auch Zeit für Waffen.“ Die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine seien unerträglich. „Aber wir dürfen nicht so tun, als gäbe es einfache Lösungen“, sagte der Bundespräsident. „Wenn Russland seine Soldaten zurückzieht, dann ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine ihre Verteidigung einstellt, dann ist das das Ende der Ukraine“, fügte er unter dem Applaus der 20.000 Besucher der Eröffnungsfeier auf dem Nürnberger Hauptmarkt hinzu.

De Maizière ruft zur Zuversicht auf

Bedford-Strohm sagte, vom Nürnberger Kirchentag mit der biblischen Losung „Jetzt ist die Zeit“ solle eine klare Botschaft ausgehen: „Ja, wir wollen unser Leben neu ausrichten.“ Das Glück der Menschen dürfe nicht mehr am Wachstum des materiellen Wohlstands festgemacht werden, forderte er in seiner Predigt. Alle Menschen weltweit, auch die Schwächsten, sollten in Würde leben.

Erstmals nach vier Jahren treffen sich Zehntausende Christen wieder bei einem evangelischen Kirchentag. Bis Sonntag wollen sie bei Gottesdiensten, Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen ihren Glauben feiern und bei Podiumsdiskussionen aktuelle Themen besprechen. Bundespräsident Steinmeier hält am Donnerstag eine Bibelarbeit, weitere prominenten Gäste aus der Bundespolitik sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und CDU-Chef Friedrich Merz.

Kirchentagspräsident Thomas de Maizière rief angesichts der Krisen in der Welt bei der Eröffnung des Christentreffens zur Zuversicht auf. Vom Bejammern werde nichts besser. „Wir wissen um die Nöte, aber wir geben uns damit nicht zufrieden“, sagte der ehemalige Bundesminister: „Wir vertrauen auf Gott und die Welt.“ Auf das Vertrauen und das Tun aller komme es an.

„Kirche lebt und hat auch Zukunft“

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lobte vor Beginn des traditionellen „Abends der Begegnung“, zu dem zehntausende Menschen bei frühsommerlichem Wetter in die Nürnberger Innenstadt gekommen waren, das gesellschaftliche Engagement der Kirchen und ihrer Mitglieder. „Kirche ist da, Kirche lebt, und Kirche hat auch Zukunft“, sagte der evangelische Christ Söder.

Der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) hieß die Gäste in seiner Stadt willkommen. „Lassen Sie uns alle gemeinsam dem Glauben ein Stück weit wieder Glanz verleihen“, sagte der Katholik.

Auf dem Programm des Kirchentags stehen mehr als 2.000 Veranstaltungen. Bis Dienstagabend wurden nach Angaben der Veranstalter 60.000 Tickets verkauft. Ob die zunächst erwartete Teilnehmerzahl von 100.000 erreicht wird, sei schwer abzuschätzen, hieß es. Der Kirchentag 2019 in Dortmund zählte rund 120.000 Teilnehmende. 2021 fand ein Ökumenischer Kirchentag in Frankfurt am Main wegen der Corona-Krise weitgehend digital statt.