sozial-Recht

Landessozialgericht

Jobcenter darf eigene Rechenfehler nicht auf andere abwälzen



Potsdam (epd). Jobcenter müssen bei der Berücksichtigung von Einkommen eines Bürgergeldbeziehers brutto von netto unterscheiden können. Rechenfehler haben gravierende Auswirkungen, wie jetzt das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in einem am 16. April bekanntgegebenen Urteil entschieden hat. Denn hat die Behörde bei der Berechnung der Grundsicherung fehlerhaft ein zu geringes Nettoeinkommen berücksichtigt, darf sie später nicht einfach überzahlte Hilfeleistungen wieder zurückfordern. Das gelte zumindest dann, wenn der Grundsicherungsempfänger selbst von einem korrekten Bescheid ausgegangen ist, erklärten die Potsdamer Richter.

Geklagt hatte eine dreiköpfige Familie, die seit Juli 2020 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (seit 2023 Bürgergeld) vom Jobcenter beziehen. Der Ehemann arbeitet seit Februar 2021 als Verkäufer in einem Lebensmittelladen. Laut Arbeitsvertrag erhält er hierfür 1.600 Euro netto monatlich. Der Ehemann zeigte dem Jobcenter sein Einkommen an und legte hierfür den Arbeitsvertrag vor.

Amt wollte 3.000 Euro zurück haben

Die Behörde rechnete das Einkommen mindernd auf die Hilfeleistungen an. Dabei unterlief ihr jedoch einen Fehler. Sie ging sie von einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 1.600 Euro und nicht von dem tatsächlichen Nettoeinkommen aus. Nach Anrechnung von Freibeträgen rechnete sie fehlerhaft ein zu berücksichtigendes Nettoeinkommen in Höhe von 1.276,40 Euro aus. Folge: Die Hilfeleistung fiel höher aus. Als der Ehemann seine Lohnbescheinigung vorlegte, fiel der Berechnungsfehler auf. Das Jobcenter forderte für zehn Monate überzahlte Leistungen von insgesamt über 3.000 Euro zurück.

Das LSG urteilte nun, dass das Jobcenter für seinen Fehler geradestehen müsse. Zwar hätte die Familie bei genauem Lesen des Bescheides den Rechenfehler des Jobcenters bemerken können. Eine Rückzahlungsverpflichtung ergebe sich dann aber nur bei grober Fahrlässigkeit oder einer schweren Verletzung der Sorgfaltspflichten, befand das Gericht.

Im vorliegenden Fall habe die Ehefrau den Bescheid gelesen, grob geprüft und auch den Betrag von 1.600 Euro entdeckt. Sie habe aber glaubhaft gemacht, dass auch sie die Begriffe netto und brutto nicht sicher habe auseinanderhalten können. Deshalb sei eine rückwirkende Korrektur des Bescheides zum Nachteil der Familie ausgeschlossen, hieß es.

Az.: L 3 AS 772/23