sozial-Politik

Studie

Neue Ergebnisse zum Thema Kinderschutz



Wie sich Gewalt gegen Kinder und Jugendliche noch besser eindämmen lässt, zeigt die aktuelle Ausgabe des Forschungsmagazins des Deutschen Jugendinstituts "DJI Impulse" auf. Sie liefert wichtige Hinweise für ein besseres Vorbeugen und ein schnelles Eingreifen im Falle von psychischer, körperlicher oder sexualisierter Gewalt.

München (epd). Obwohl die Sensibilität der Gesellschaft für Kindesvernachlässigung und -missbrauch wächst, bleibt die Zahl minderjähriger Betroffener in Deutschland laut einer neuen Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts (dji) hoch. Die Erhebung nimmt im Schwerpunkt die Lage an den Schulen in den Blick. Ziel sei es, „wichtige Hinweise für ein besseres Vorbeugen und ein schnelles Eingreifen im Falle von psychischer, körperlicher oder sexualisierter Gewalt zu liefern“.

In der aktuellen Längsschnittstudie „Entwicklung und Wirkung von Schutzkonzepten an Schulen“ (SchuLae) gab laut den Forschenden knapp die Hälfte der befragten Schülerinnen und Schüler der siebten bis neunten Klassen an, im zurückliegenden Jahr eine Form von sexueller Gewalt erlebt zu haben. Dazu gehören beispielsweise sexuelle Beleidigungen, verstörende Pornografie oder ungewollte Berührungen. Meist waren Mitschüler die Gewaltausübenden. Und: Ein bundesweites Monitoring zeigt: Zwei Drittel der etwa 2.000 befragten Schulleitungen berichteten nur von einzelnen Präventionsmaßnahmen, und lediglich 17 Prozent der Schulen verfügen über ein umfassendes Schutzkonzept.

Schutzkonzepte zeigen Wirkung

Die wiederholten Befragungen im Rahmen der SchuLae-Studie belegten nun erstmals: An Schulen mit umfassenden Schutzkonzepten berichten Jugendliche seltener von Übergriffen als an den übrigen Schulen. Bislang verpflichten nur einige Bundesländer Schulen dazu, Schutzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen, die beispielsweise Fortbildungen zur Problematik beinhalten, einen Verhaltenskodex für Lehrkräfte und einen Handlungsplan zum Vorgehen bei (vermuteter) sexualisierter Gewalt.

Auch in den stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, wie etwa Heimen oder Wohngruppen, hätten sich Schutzkonzepte gegen Gewalt verbessert, hieß es. Doch laut den Forschungsergebnissen zweier aktueller DJI-Studien profitieren noch nicht alle jungen Menschen davon. Insbesondere Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie Mädchen und junge Frauen gehören demnach zu den Risikogruppen, die überdurchschnittlich oft von Übergriffen betroffen sind.

Handlungsbedarf beim Thema Cybermobbing

Gerade beim noch recht jungen Thema Cybermobbing bestehe nicht nur in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und in Schulen Handlungsbedarf, sondern auch in Ausbildungsbetrieben sowie Berufs- und Hochschulen. Das zeigen die Ergebnisse des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A. Etwa sieben Prozent der befragten 12- bis 21-Jährigen gaben im Jahr 2023 an, in den vergangenen Monaten Cybermobbing erlebt zu haben, wie etwa die digitale Verbreitung von diffamierenden Fotos und Filmen, Bedrohungen oder Beleidigungen in Online-Gruppen oder bewusstes Ausschließen davon.

Die Kommunikationswissenschaftlerin Professorin Ruth Wendt von der Ludwig-Maximilians-Universität München betont, dass Verbote und Filter allein nicht vor sexualisierter Gewalt im Netz schützen. Vielmehr sei das Zusammenspiel einer aktiven Medienerziehung in Familie und Schule sowie technische Unterstützung und Regulation seitens der Plattformen selbst erforderlich. Jugendliche würden vor allem von sozialen Kompetenzen profitieren. Auch weil diese dazu beitrügen, dass sich Jugendliche aktiv für den Schutz anderer einsetzen.

„Es hat sich viel getan. Und gleichzeitig deutet sich an, dass mit den Aufgaben auch die Herausforderungen für den Kinderschutz gewachsen sind“, betont DJI-Direktorin Professorin Sabine Walper. Sie verweist unter anderem auf die großen Herausforderungen in den Jugendämtern, wie etwa den Personalmangel. Nicht nur eine stabile und ausreichende Personalbasis sind den wissenschaftlichen Analysen zufolge Grundlagen für einen gelingenden Kinderschutz, sondern auch aussagekräftige Einschätzungsinstrumente sowie wirksame Hilfen für Gefährdungsfälle. Im Zusammenspiel von Forschung und Praxis ließen sich in allen drei Bereichen noch Verbesserungen erreichen, bilanzieren die Autorinnen und Autoren der Studie.

Dirk Baas