sozial-Branche

Behinderung

Lebenshilfe-Projekt "Kulturbüro" vermittelt Angebote




Tobias Schebler beim Malworkshop
epd-bild/Daniel Peter
Das Angebot ist so vielfältig und bunt wie die Klienten: Das neue "Kulturbüro" der Lebenshilfe Wohnstätten Mainfranken bietet Menschen mit Behinderung einen Zugang zu kulturellen Angeboten - es reicht von Kursen bis zur persönlichen Kulturassistenz.

Würzburg (epd). Am Wochenende einen Malkurs besuchen, abends mal ins Theater gehen oder regelmäßig in einem Chor mitsingen - was für viele Menschen ganz normal ist, stellt für Menschen mit Behinderung in der Regel eine schier unüberwindbare Hürde dar. Die Lebenshilfe Wohnstätten Mainfranken in Würzburg haben deshalb vor einem Jahr ein „Kulturbüro“ gegründet. Dort werden gemeinsam mit Menschen mit Behinderung passgenaue Angebote entwickelt: vom gemeinsamen Konzertbesuch bis hin zur individuell unterstützten Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen.

Tobias Schebler arbeitet in den Mainfränkischen Werkstätten, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Der 42-Jährige ist dort für Holzarbeiten und das Verpacken von Bastelzubehör zuständig. Er liebt seinen Job, das merkt man, sobald er davon erzählt - aber in seiner Freizeit schlägt sein Herz für Musik und Kunst. Er singt und malt für sein Leben gerne. „Große Flächen“ und „bunte Farben“ begeistern ihn, ebenso englische und deutsche Popmusik. Doch bis vor ein paar Monaten war es für ihn schwer, diesen Hobbys nachzukommen. Das ist dank des „Kulturbüros“ nun anders.

Neue Techniken gelernt

Vor kurzem hat Schebler zusammen mit Klaus Metzger (59) und einigen anderen den Kurs „Freies Malen“ der beiden Künstler Philipp Rau und Nici Tierak besucht. Vier mal drei Stunden, jeweils samstags. „Das war richtig toll, wir haben neue Maltechniken gelernt und durften viel selbst ausprobieren“, sagt Metzger, der ebenfalls in den Mainfränkischen Werkstätten arbeitet. Besonders toll findet er an solchen Kursen, dass er auch mal raus aus Wohnstätte und Werkstatt kommt - denn in der Regel finden die „Kulturbüro“-Kurse im Sozialraum statt, in diesem Fall in einem Kunstatelier.

Antje Arlt leitet mit zwei Kolleginnen das „Kulturbüro“ der Lebenshilfe Wohnstätten Mainfranken. Freizeitangebote für Menschen mit Behinderung gebe es zwar schon seit vielen Jahrzehnten. Früher seien diese aber „oft nebenbei“ und begleitend zur Tätigkeit in den Werkstätten oder in den Wohnanlagen angeboten worden. „Das hatte dann nicht selten einen Schul-AG- oder Klassenausflug-ins-Theater-Charakter“, sagt Arlt. Das sei nicht per se schlecht, habe aber wenig mit dem Ziel von „individueller Teilhabe am kulturellen Angebot des Sozialraums“ zu tun - also im lokalen Umfeld.

Die Grundlage für alles, was das „Kulturbüro“ organisiert, sind die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe. Das gilt für gemeinsame Besuche von Veranstaltungen wie Konzerten ebenso wie für die „persönliche Kulturassistenz“, also die Eins-zu-Eins-Begleitung von Klienten zu Angeboten wie Chorproben oder Ähnlichem. Und es gilt vor allem für die angebotenen Kurse und Workshops: Diese reichen von Malen und Fotografieren über kunsthandwerkliche Angebote wie Nähen oder Schmuck basteln bis zu Musik-Kursen oder eben gezielt gewünschten gemeinsamen Ausflügen.

Noch zwei Jahre Förderung

Das Projekt „Kulturbüro“ wird von der „Aktion Mensch“ für drei Jahre gefördert, knapp ein Jahr ist bereits vorbei. „Das Angebot wird wirklich gut angenommen“, sagt Arlt. In der Regel verschickt sie an die Einrichtungen ganz konkrete Angebote für die kommenden Wochen und Monate, zudem bearbeitet sie Wünsche nach einer persönlichen Assistenz für kulturelle Veranstaltungen. Wichtig ist Arlt, dass die Angebote inklusiv sind, also nicht im „geschlossenen“ System der Behindertenhilfe ablaufen: „An unserem Nähkurs beispielsweise nehmen auch Personen von außerhalb teil.“

Tobias Schebler nutzt die Angebote des „Kulturbüros“ regelmäßig - neben Kunstkursen ist er bei der „Singzeit“ dabei, einem wöchentlich stattfindenden Musikprojekt nach Feierabend. Und Klaus Metzger freut sich schon jetzt auf die nächsten Kurse im Bereich Bildender Kunst, wie er sagt: „Glasmalerei oder Aquarell, das würde mich interessieren.“

Daniel Staffen-Quandt