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Die Arbeit des Vereins Fortis



Leonberg (epd). Der studierte Sozialarbeiter und Diakon Joachim Schönstein fordert mehr Aufklärung über das Messie-Syndrom. „Es ist wichtig zu transportieren, dass es sich um eine vielschichtige Erkrankung handelt“, erklärt der Teamleiter des Fortis in der Region Leonberg. „Betroffene können nichts dafür. Sie sind weder faul noch inkompetent.“

Fortis ist ein gemeinnütziger, regionaler Verein, der 1971 aus dem Arbeitskreis „Resozialisierung“ hervorging und Mitglied im Diakonischen Werk Württemberg ist. Ursprünglich auf Straffälligenhilfe fokussiert, eröffnete der Verein 1974 die erste betreute Wohngemeinschaft. Im Laufe der Jahre übernahm er weitere Aufgaben wie Beratung und Betreutes Wohnen für wohnungslose Menschen. 2006 erfolgte schließlich die Umbenennung in Fortis - Für Orientierung, Teilhabe, Integration und Solidarität.

Auf gar keinen Fall unabgesprochen handeln

Der Verein wird durch staatliche Gelder finanziert, die für die Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen gezahlt werden. Er bietet Leistungen für Menschen, die straffällig waren, wohnungslos sind, psychisch erkrankt sind oder eine Abhängigkeitserkrankung haben - darunter auch eine sozialpädagogische Räumungshilfe für Messies.

Die neue anzustrebende Ordnung solle den persönlichen Wünschen des Klienten entsprechen, erläutert Schönstein. Ein respektvoller, wertschätzender Umgang sei dabei besonders wichtig: „Wir sind Gast in der jeweiligen Wohnung. Betroffene brauchen vor allem Verständnis und auf keinen Fall stellvertretendes, unabgesprochenes Handeln des Umfelds.“ Es komme häufig vor, dass beispielsweise während eines Krankenhausaufenthalts der Betroffenen die Angehörigen aus guter Absicht heraus die Wohnung aufräumen. „Das führt dann zur Katastrophe. Für die Betroffenen haben die Dinge Bedeutung und Wert. Sie brauchen die Kontrolle darüber.“

Jährlich erhalte er etwa 10 bis 15 Anfragen von Messies. Voraussetzung, um die Hilfe des Vereins zu beanspruchen, ist, dass ein fallverantwortlicher Dienst, beispielsweise die Stadt, das Landratsamt oder der Sozialpsychiatrische Dienst, miteinbezogen wird. „Dieser Dienst übernimmt die Koordination der erforderlichen Schritte und Hilfen in Zusammenarbeit mit uns.“ Die Kostenübernahme erfolgt auf der Grundlage von § 67 Sozialgesetzbuch XII, in Abstimmung mit dem Amt für Soziales des Landkreises Böblingen. Die Hilfe ist zeitlich befristet.



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