

Berlin (epd). „Hier tut der Azubi das Gleiche wie die Chefin“, sagt Sarah Schmidt. Die Ehrenamts-Koordinatorin der Berliner Tafel steht an diesem Morgen vor zehn Mitarbeiterinnen und zwei Mitarbeitern der Berliner Volksbank. Das Team aus dem Kreditcenter der Bank absolviert einen gemeinsamen „Social Day“ in Halle 1 auf dem Berliner Großmarkt. Hier hat Deutschlands größte Tafel auf 5.000 Quadratmetern ihre Zentrale zur Annahme und Verteilung der Lebensmittel.
„Das ist mal was Anderes, als den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen oder gemeinsam feiern zu gehen“, sagt Anke Schultz, Gruppenleiterin bei der Volksbank und Initiatorin des Teamevents. Dabei packt sie weiter Kartoffeln, Möhren und anderes frisches Gemüse sowie Obst in einen Plastikbeutel. Die Freiwilligen schieben ihre Kisten auf Rollwagen an Reihen mit Lebensmitteln entlang, um die einzelnen Tüten zu befüllen. Es wird darauf geachtet, dass die schweren Dinge wie Kartoffeln oder Rote Beete zuerst in die Tüten kommen; Salatköpfe, Bananen und Erdbeeren am Schluss obendrauf.
Auf einer schwarzen Tafel hinter Anke Schultz steht mit weißer Kreide: 454 Tüten. So viele Beutel sollen an diesem Tag vom Team der Volksbank gepackt werden. Die Beutel sind für die sieben Pop-up-Ausgabestellen der Tafel bestimmt, ein Überbleibsel aus der Pandemie, als die Verteilung der Lebensmittel erschwert war.
Im Gegensatz zu den 49 „Laib und Seele“-Ausgabestellen in den Kirchengemeinden, wo einmal in der Woche laut Schmidt „wie auf einem kleinen Wochenmarkt“ Bedürftige sich selbst Lebensmittel aussuchen können, halten die Pop-up-Ausgaben fertig gepackte Rationen bereit. Wegen des Ukraine-Krieges und der Geflüchteten in der Stadt sei die Praxis beibehalten worden, sagt Sarah Schmidt. Die Ausgabestellen in den Gemeinden seien einfach überlastet. Allerdings kann sich nicht jeder einfach kostenlos Lebensmittel abholen. Bedürftige müssen sich bei den jeweiligen Ausgabestellen mit Einkommensnachweis registrieren.
Für Anke Schultz ist es nicht der erste Ehrenamtseinsatz mit den Kollegen. Ihr Arbeitgeber halte verschiedene Angebote für einen sogenannten Social Day bereit. Die 52-Jährige war so schon bei der Arche aktiv, dem christlichen Kinder- und Jugendwerk. Und sie hat gemeinsam mit anderen Bäume gepflanzt.
Die Geschäftsführerin der Berliner Tafel, Antje Trölsch, ist froh über die helfenden Hände: Täglich seien mehr als 50 freiwillige Helfer vor Ort. Dazu kommen Fahrer für die rund 20 Lieferfahrzeuge der Tafel. Fast jeden Tag sind „Corporate Volunteers“ (CV) dabei, wie die Teams aus Unternehmen genannt werden.
Insgesamt kann die Berliner Tafel auf rund 2.700 ehrenamtliche Helfer zurückgreifen. Allerdings komme es immer wieder zu Engpässen, etwa in den Sommerferien oder um Weihnachten herum. Pro Monat werden etwa 660 Tonnen Lebensmittel an rund 172.000 Menschen verteilt, rechnet Trölsch vor. Empfänger sind neben den Ausgabestellen in den Kirchengemeinden mehr als 400 Einrichtungen wie Obdachlosenübernachtungen, Frauenhäuser oder Seniorenheime.
Alles, was die Tafel weitergibt, erhält sie als Spende. In der Halle hinter der Volksbank-Crew stapeln sich Paletten mit haltbaren Lebensmitteln wie Bautzner Senf, Energydrinks und Mehlsäcken. Die Lebensmittel, die an diesem Morgen in die Tüten gepackt werden, müssen von den Ehrenamtlichen besonders sorgfältig begutachtet werden. Die Ware lagerte übers Wochenende in den Kühlkammern. Jetzt soll sie möglichst schnell an die Einrichtungen ausgeliefert werden. Was gammelig oder schimmelig ist, wandert in die bereitstehenden Mülltonnen.
Die Freiwilligen sind von 9 Uhr in der Früh bis gegen 14.30 Uhr aktiv. Schon nach kurzer Einarbeitungszeit geht die Arbeit schnell von der Hand. Der Jüngste im Team Volksbank ist Johannes Schatte. Der 21-Jährige hat erst im Januar seine Ausbildung zum Bankkaufmann abgeschlossen. Für ihn ist der Tag eine gute Gelegenheit, seine neuen Kolleginnen und Kollegen besser kennenzulernen. Nach rund zwei Stunden sind die Tüten gepackt. Jetzt zieht die Gruppe weiter zum Sortieren von Lebensmitteln.