

Leck (epd). Zweimal im Monat organisiert Melanie Hoffmann das Treffen „Kinder mit Extras“ in der Familienbildungsstätte in Leck im Kreis Nordfriesland. Ihr dreijähriger Sohn Max kann hier mit anderen Kindern spielen und Spaß haben. Max hat Trisomie 21, auch bekannt als Down-Syndrom.
Es ist das häufigste mit Behinderung einhergehende Syndrom, das auf einer „veränderten“ Chromosomenzahl im Zellkern beruht. In Deutschland leben 30.000 bis 50.000 Menschen mit Down-Syndrom, in den USA sind es 100.000 bis 150.000. Auf 650 Geburten fällt schätzungsweise eine mit Trisomie 21, heißt es auf der Homepage der Kinder - und Jugendärzte.
„Kinder mit Extras“ hat Melanie Hoffman als Treffpunkt für betroffene Familien ins Leben gerufen. „Das Schöne ist, dass Max Kontakt hat zu anderen Kindern und ich als Mutter mich austauschen kann, über die Probleme, die wir im Alltag haben“, erklärt sie. Mit den anderen Eltern spricht sie über Erkrankungen und Angewohnheiten der Kinder, aber auch darüber, welche Ärzte besucht werden und wo die Eltern positive oder negative Erfahrungen gesammelt haben. Wenn alle da sind, kämen momentan sechs Kinder im Alter von eineinhalb bis acht Jahren zu den Treffen.
Nachdem Max 2021 mit Trisomie zur Welt gekommen ist, fühlte sich Melanie Hoffmann alleine und schlecht informiert: „Wir hier auf dem Land müssen uns unsere Informationen selber aneignen. Vieles geht leider unter.“ Großes Thema bei Familie Hoffmann zurzeit ist die Krankenzusatzversicherung. Die könne bis zum sechsten Lebensmonat abgeschlossen werden, ohne Gesundheitsfragen - etwa nach der Trisomie - beantworten zu müssen. Das habe die 41-Jährige allerdings nicht gewusst. „Jetzt ist er drei und ich hätte sie gerne. Aber jetzt muss ich die Fragen beantworten und die Versicherungen nehmen ihn nicht mehr an.“
Außerdem spüre sie auch die zeitlichen Belastungen zwecks mangelnder Angebote auf dem Land. Die Wartelisten für Logopädie und Physiotherapie im Umkreis seien lang. In größeren Städten würde sie wahrscheinlich schneller einen Platz für Max bekommen, müsse dann aber eine lange Anfahrt in Kauf nehmen. Auch deshalb wünscht sie sich mehr Angebote auf dem Land.
In Flächenländern wie Schleswig-Holstein gebe es häufig geografisch bedingte regionale Unterschiede. „Die Angebote für Menschen mit Behinderung bestehen vorrangig in den Oberzentren und Städten. Für viele Menschen, die in ländlichen Regionen leben und einen Unterstützungsbedarf haben, ist das problematisch“, erklärt Michaela Pries, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein.
Auch deshalb müsse Inklusion immer mehr als Querschnittsaufgabe verstanden werden, sagt Pries. „Inklusion beginnt in den Köpfen, es geht also um 'Haltung'. Dazu müssen Begegnungen und damit einhergehend der Abbau von Berührungsängsten und Vorbehalten möglich sein“, sagt die Landesbeauftragte. Dazu müsse die Öffnung der Regelsysteme, wie Kita, Schule, Beruf und Freizeitangebote, weiter verbessert werden. Damit einher gehe auch eine umfänglichere Barrierefreiheit unter anderem im öffentlichen Raum: „Teilhabe kann eben nur gelingen, wenn alle Menschen gleichermaßen Zugang haben.“ Deshalb fordert sie den Abbau von „Sonderwelten“, in denen Menschen mit Behinderung separiert leben, lernen, arbeiten und wohnen.
Der diesjährige Welt-Down-Syndrom-Tag (21. März) steht unter dem Motto „Improve Our Support Systems“. Das deutsche Down-Syndrom-Infocenter schreibt: „Es geht es dieses Jahr darum, wie wichtig Unterstützung und Unterstützungssysteme für Menschen mit Down-Syndrom sind.“ Menschen mit Down-Syndrom hätten das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. „Doch damit sie ihre Möglichkeiten voll ausschöpfen können, braucht es starke Unterstützungssysteme. Der Welt-Down-Syndrom-Tag 2025 stellt diese Systeme in den Mittelpunkt.“
Die Existenz bestehender Sonderwelten nimmt Melanie Hoffmann deutlich wahr. Das Leben auf dem Land mit Behinderung sei vor allem von mangelnder Sichtbarkeit geprägt. Sie sehe in ihrem Alltag nur wenige Menschen mit Behinderung im öffentlichen Raum. Deshalb veranstaltet Hoffmann am heutigen Welt-Down-Syndrom-Tag bereits zum zweiten Mal ein Fest für Kinder mit Behinderung, deren Eltern, Verwandte, Freunde und werdende Eltern von Kindern mit Trisomie. Die Feier findet dieses Jahr im Tierpark in Gettorf statt. Sie hofft insgesamt hofft sie auf mehr Sichtbarkeit: „Damit die Gesellschaft versteht, wir sind nicht alle gleich, aber wir gehören alle hier her - und sind gut, so wie wir sind.“