

Hamburg (epd). Ein Pflegebett mit einem 1,70 Meter hohen Gitter und einem sogenannten Überkletterschutz kann Eltern die Pflege ihres schwer geistig behinderten Kindes erleichtern. Anders als in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder sonstigen Einrichtungen muss ein Gericht die freiheitsentziehende Maßnahme im elterlichen Haushalt nicht vorher genehmigen, entschied das Sozialgericht Hamburg in einem am 10. März veröffentlichten Urteil.
In dem Fall ging es um einen schwerst geistig behinderten autistischen Jungen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Der von seinen Eltern gepflegte Siebenjährige hat einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, ist motorisch unruhig und verfügt über ein herabgesetztes Schmerzempfinden. Er kann sich nur nonverbal mitteilen, ein Gefahrenbewusstsein ist nicht vorhanden.
Nachts verspürt das Kind immer wieder den Drang, aus dem bisherigen Bett mit einem über einen Meter hohen Gitter zu klettern. Dabei kam es bereits zu einem Sturz. Aus Angst, dass ihr Kind sich auf diese Weise erneut nachts verletzen könnte, haben die Eltern ein Babyfon installiert. Durchschlafen können sie seitdem nicht mehr.
Bei ihrer Krankenkasse beantragten sie die Kostenübernahme für ein Pflegebett mit einem 1,70 Meter hohen Gitter und einem Überkletterschutz. Die Krankenkasse lehnte das ab. Das neue Bett würde keine Erleichterung der Pflege darstellen, weil das Kind nicht bettlägerig sei. Schließlich sei das neue Bett als freiheitsentziehende Maßnahme zu werten, sodass darüber erst ein Gericht genehmigen müsse, befand die Kasse.
Das Sozialgericht urteilte nun jedoch, dass dem Kind das neue Bett mit einem hohen Gitter und einem Überkletterschutz zusteht. „Ein Pflegebett mit hohen Gittern und Überkletterschutz kann zur Entlastung der Pflegenden und zur Aufrechterhaltung ihrer Pflegenbereitschaft beitragen, indem es kurze Augenblicke der Pflegepause gewährt - insbesondere auch bei der nächtlichen Pflege“, stellte das Gericht fest.
Schließlich sei auch keine richterliche Genehmigung für die Verwendung des Pflegebettes mit seinen 170 Zentimeter hohen Seitengittern erforderlich. Das sehe das Gesetz nur für bei einer Unterbringung im Krankenhaus, im Heim oder einer vergleichbaren Einrichtung vor, nicht aber im elterlichen Haushalt, so das Gericht.
Az.: S 9 KR 3758/22