sozial-Recht

Landessozialgericht

Rentenversicherung muss Folgen falscher Rentenauskunft ausgleichen



Stuttgart (epd). Versicherte müssen sich auf die von der Deutschen Rentenversicherung versandten Rentenauskünfte wirklich verlassen können. Stellt ein Versicherter wegen einer falschen Auskunft über die geltende Hinzuverdienstgrenze erst viel später einen Rentenantrag, muss er rückwirkende Rente erhalten, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 19. Februar veröffentlichten Urteil.

Im konkreten Fall hatte der Kläger im Februar 2021 von der Rentenversicherung die nicht rechtsverbindliche Rentenauskunft erhalten, dass er die Wartezeit von 35 Jahren für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt habe. Damit könne er ab September 2021 abschlagsfrei und seit Dezember 2018 mit Abschlägen in Rente gehen.

Falsche Angabe zur Hinzuverdienstgrenze

Dem Versicherten wurde zudem mitgeteilt, dass er ab Erreichen der Regelaltersgrenze unbegrenzt hinzuverdienen könne und bei einer Rente mit Abschlägen ein Hinzuverdienst bis zu 6.300 Euro im Kalenderjahr anrechnungsfrei bleibe.

Doch dann stellte der Mann fest, dass die Rentenauskunft zur Hinzuverdienstgrenze falsch war. Angesichts der Corona-Pandemie wurde die Hinzuverdienstgrenze vorübergehend auf 46.060 Euro angehoben. Daraufhin beantragte er, ihm rückwirkend ab Dezember 2020 eine Altersrente für langjährig Versicherte zu bewilligen. Diesen Rentenanspruch hätte er erworben, wenn er im Februar 2021 seinen Rentenantrag gestellt hätte, so die Begründung.

Rentenkasse verneint Aufklärungspflicht

Die Rentenversicherung räumte zwar die falsche Rentenauskunft ein. Eine Aufklärungspflicht über die erhöhte Hinzuverdienstgrenze habe aber nicht bestanden, so die Behörde. Eine rückwirkende Rentengewährung sei daher nicht möglich.

Das LSG urteilte, dass dem Kläger die Altersrente ab Dezember 2020 zustehe. Der Kläger könne sich auf den sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Danach sei ein Sozialleistungs- und Sozialversicherungsträger verpflichtet, von ihm verursachte Nachteile - hier des Klägers - soweit wie möglich auszugleichen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger bei richtiger Rentenauskunft über die Hinzuverdienstgrenze früher in Rente gegangen wäre, befand das Gericht.

Die Rentenversicherung habe mit der falschen Auskunft ihre Beratungspflicht verletzt. Die Versicherten müssten darauf vertrauen können, dass die Rentenauskunft auch stimmt. Durch die falsche Rentenauskunft sei dem Kläger die Möglichkeit genommen worden, zwischen einem früheren oder späteren Rentenbeginn zu wählen.

Az.: L 9 R 1412/23