

Hannover (epd). Bei der Frage der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts ist sich einer Studie zufolge die Bevölkerung in Deutschland relativ einig. Bei einer repräsentativen Untersuchung des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der Evangelischen Kirche in Deutschland sprachen sich mehr als drei Viertel (76 Prozent) der Befragten dafür aus, Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Wochen ohne Einschränkungen zu legalisieren. „Die vermeintliche gesellschaftliche Polarisierung bei dem Thema ist ein Mythos“, sagte Veronika Eufinger, Wissenschaftliche Referentin im SI.
Insgesamt lehnten der Studie zufolge nur 19,7 Prozent der Befragten insgesamt den Vorstoß ab, Schwangerschaftsabbrüche zu erlauben. 4,3 Prozent waren unentschieden oder machten keine Angaben.
Menschen ohne Konfessionszugehörigkeit stimmten dem Vorstoß am häufigsten zu (86,4 Prozent), bei Protestanten war die Zustimmungsrate mit 82,2 Prozent fast ebenso hoch. Katholiken stimmten dem Vorstoß zwar weniger, aber immer noch mit deutlicher Mehrheit zu (70 Prozent). Lediglich in evangelischen Freikirchen sprach sich nur eine Minderheit (35,7 Prozent) für eine Legalisierung aus.
Auch nach Regionen unterschieden sich die Antworten teilweise. Im postsozialistischen Osten lag die Befürwortung bei 88 Prozent, im überwiegend evangelischen Norden bei 82,6 Prozent. Im gemischtkonfessionellen Westen stimmten 77,1 Prozent einer Schwangerschaftsabbruchregelung außerhalb des Strafrechts zu, im Süden 70,4 Prozent. Allerdings verstärkten sich Konfessionszugehörigkeit und regionale Herkunft nicht gegenseitig, das bedeutet, dass ein Katholik aus dem Süden nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit eine legale Abtreibung ablehnte als ein Katholik aus dem Westen.
Kaum Einfluss auf die Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch hat der Studie zufolge das Geschlecht der Befragten. Dies stehe im Widerspruch zum internationalen Forschungsstand, hieß es. Allerdings befürworteten Frauen (55,9 Prozent) häufiger als Männer (49,9 Prozent) eine Kostenerstattung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Das Alter der Befragten stand nur in schwachem Zusammenhang mit deren Befürwortung einer legalisierten Abtreibung. Die Spannbreite der Zustimmung lag zwischen 84 Prozent bei den 30- bis 44-Jährigen und 75,5 Prozent bei den 45- bis 59-Jährigen. Stärker hing der Bildungsgrad mit der Antwort zusammen. Höher Gebildete stimmten demnach eher einer Legalisierung zu.
Eufinger sagte, es sei „bemerkenswert, dass es sich bei der Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen um eine Einstellung handelt, die stark von der eigenen religiösen Orientierung abhängt“. Obgleich auf der Ebene der Glaubensinhalte und der religiösen Praktiken die Unterschiede zwischen den christlichen Konfessionen gesamtgesellschaftlich abschmölzen, sei bei der Frage der Abtreibung nach wie vor eine Differenz zwischen Protestanten und Katholiken sichtbar.