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Bundestagswahl

Was die Parteien zum Bürgergeld planen




Stifthalter in der Agentur für Arbeit in Frankfurt am Main
epd-bild/Tim Wegner
Keine Sozialleitung ist derart umstritten wie das Bürgergeld, das zu Zeiten der Ampel Hartz IV ablöste. SPD und Grüne wollen es weitgehend unangetastet lassen. Die anderen Parteien fordern erhebliche Korrekturen. Union und BSW wollen es gar abschaffen.

Berlin (epd). Am 23. Februar wird der neue Bundestag gewählt. Die Parteien setzen im Wahlkampf durchaus unterschiedliche Schwerpunkte, zuletzt kam die Asyldebatte dazu. Doch zu den Themen Arbeitslosigkeit, Jobvermittlung und Bürgergeld finden sich Aussagen in allen Wahlprogrammen. Und die sind sehr unterschiedlich. Der Evangelische Pressedienst (epd) listet die Eckpunkte auf:

SPD: Die Sozialdemokraten setzen künftig auf eine stärkere Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik. „Wir wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“, heißt es im Wahlprogramm. Und weiter: „Das Bürgergeld ist eine steuerfinanzierte Grundsicherung und kein bedingungsloses Grundeinkommen.“ Deswegen werde zu Recht Mitwirkung eingefordert. An diesem Prinzip des Forderns halte die SPD fest. Ziel des Bürgergelds sei es, Menschen mithilfe von Qualifizierung und Weiterbildung zu unterstützen, die eigene Hilfebedürftigkeit zu beenden. „Neben Weiterbildung hat sich auch das Instrument des sozialen Arbeitsmarktes, der neue Chancen, einer sozialversicherten Arbeit nachzugehen, eröffnet, bewährt.“

CDU/CSU: Aus der Sicht der Union senkt das Bürgergeld die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen. „Es fördert nur und fordert nicht mehr, es schadet mehr, als es nützt, und spaltet unser Land“, ist im Wahlprogramm der CDU/CSU zu lesen. „Wir stehen für eine Neue Grundsicherung, (...) die den Zusammenhalt stärkt, weil sie klarmacht: Unser Staat unterstützt Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.“ Wer arbeiten könne, müsse auch arbeiten und dürfe nicht auf Kosten der Gemeinschaft leben. Deshalb solle das Bürgergeld in der bestehenden Form abgeschafft werden. Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit sei, Arbeit anzunehmen, müsse der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Dann müsse die Grundsicherung komplett gestrichen werden. Und weiter heißt es: „Vermitteln, vermitteln, vermitteln. Wir legen den Fokus der Jobcenter auf eine intensive und qualifizierende Unterstützung der Hilfeempfänger.“

Bündnis90/Die Grünen: Die Grünen halten am Bürgergeld fest, ist im Wahlprogrammentwurf lesen: „Es schützt vor Armut und ermöglicht die Teilhabe an unserer Gesellschaft. (...) Diejenigen, die arbeiten, sollen mehr haben. Zu einer verlässlichen sozialen Sicherung gehört für uns daher auch, den Mindestlohn zu erhöhen und prekäre Beschäftigung abzubauen.“ Menschen sollen existenz- und teilhabesichernde Leistungen so lange erhalten, bis sie in Arbeit sind. „Auf dem Weg dahin unterstützen wir sie durch Qualifizierung, Ausbildung, Weiterbildung und vor allen Dingen durch schnelle und nachhaltige Vermittlung. Wir fordern dabei ihre aktive Mitwirkung ein. Und: “Wir verbessern die Anreize zur Aufnahme von Arbeit und schaffen Arbeitsgelegenheiten, um Menschen wieder zurück an den Arbeitsmarkt heranzuführen."

FDP: Die Beschäftigungspolitik der Liberalen steht unter dem Motto: „Arbeit muss sich stärker lohnen.“ Künftig solle sich Arbeit immer mehr lohnen als Sozialleistungen. „Dafür wollen wir Freie Demokraten das Bürgergeld grundlegend reformieren.“ Hierzu will die FDP erwerbsfähige Arbeitslose zu einer aktiven Bringschuld und Eigeninitiative inklusive Beweislast verpflichten. Bei fehlender Initiative sollen die Sozialleistungen Stück für Stück reduziert werden. Dazu will die FDP die Sanktionen wirksamer gestalten. Und: „Wir wollen eine Intensivphase zu Beginn des Leistungsbezugs einführen, sodass in den ersten 12 Monaten die Kontaktdichte zum Jobcenter besonders hoch ist.“ Die Zumutbarkeitsregeln sollen so verändert werden, dass auch längere Pendelstrecken und Umzüge für Personen ohne Kinder und ohne pflegebedürftige Angehörige zumutbar sind. Zusätzlich will die FDP Arbeitsgelegenheiten für Totalverweigerer einführen.

AfD: Die AfD will das Bürgergeld laut ihres Entwurfs des Wahlprogramms komplett reformieren und „Fehlentwicklungen resolut entgegenwirken“. Wer arbeiten könne, solle arbeiten, anstatt der Gesellschaft zur Last zu fallen. „Dazu wollen wir erwerbsfähige Bürgergeldempfänger, die nach sechs Monaten noch immer im Leistungsbezug sind, zu gemeinnütziger Arbeit heranziehen“, so die Partei. „Ukrainische Kriegsflüchtlinge werden unter Beibehaltung ihrer Arbeitsmöglichkeiten aus dem Bürgergeld wieder ausgegliedert und im Leistungsbezug den Asylbewerbern gleichgestellt.“

Linke: Armut und Erwerbslosigkeit sind nicht selbst verschuldet, betont die Linke. Sie hätten oft strukturelle Ursachen. „Wir kämpfen für das Recht auf Existenzsicherung ohne Gängelung und Strafen“, heißt es im Entwurf des Wahlprogramms. Die Partei plant, das Bürgergeld „zu einer sanktionsfreien Mindestsicherung umzubauen“. Bei der Höhe orientiert sich die Linke an der sogenannten Armutsgefährdungsgrenze. Eine alleinlebende Person würde demnach gegenwärtig rund 1.400 Euro monatlich bekommen (inklusive Miete und sonstiger Wohnkosten; in Regionen mit hohen Mieten entsprechend mehr).

BSW: „Das Bürgergeld wollen wir durch eine leistungsstarke und leistungsgerechte Arbeitslosenversicherung ersetzen“, heißt es im Wahlprogramm des BSW. Langjährige Beitragszahler verdienen aus der Sicht der Partei im Falle der Arbeitslosigkeit eine angemessene Absicherung. „Um das Abrutschen in die Grundsicherung zu verhindern, sollen langjährig Versicherte so lange 60 Prozent ihres letzten Nettogehalts erhalten, bis ihnen eine zumutbare Beschäftigung angeboten wird oder sie eigenständig eine gefunden haben.“ Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, setzt das BSW auf eine gezielte Unterstützung der Arbeitssuchenden. „Mitwirkungspflichten bei Qualifizierungsangeboten sind notwendig, um Perspektiven zu schaffen. Wer Maßnahmen ohne triftige Gründe ablehnt, muss mit Konsequenzen rechnen“, heißt es im Programm.