

Kassel (epd). Rentner können monatliche Beiträge für eine Sterbegeldversicherung mindernd auf ihre Rente anrechnen lassen und dadurch Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter haben. Voraussetzung dafür sei, dass der Zweck der Versicherung hinreichend klar und der potenziell Bestattungskostenpflichtige als Begünstigter benannt sei, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am 18. Dezember 2024. Umfasse die Versicherung auch eine Erbrechtsberatung, sei die Anrechnung der Beiträge zur Sterbegeldversicherung auf das Renteneinkommen nicht ausgeschlossen, betonten die Kasseler Richter.
Der in Nürnberg lebende Kläger war wegen seiner geringen Altersrente auf Grundsicherung angewiesen. Während des Bezugs von Sozialleistungen schloss er eine Sterbegeldversicherung mit Erbrechtsberatung ab. Im Todesfall wurde demnach eine Summe in Höhe von 5.000 Euro fällig. Die monatlichen Beiträge für die Sterbegeldversicherung betrugen rund 38 Euro.
Als der Mann heiratete und mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Hausstand gründete, lehnte die Stadt Nürnberg als Sozialhilfeträger die Zahlung von Grundsicherung ab. Die Rente des Mannes reiche wegen der nur noch anteilig zu berücksichtigenden Unterkunftskosten knapp zur Bedarfsdeckung aus, hieß es zur Begründung.
Auch das Bayerische Landessozialgericht (LSG) urteilte, dass der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Er könne auch keine Minderung seiner Alterseinkünfte durch Abzug der Beiträge zur Sterbegeldversicherung geltend machen. Die Sterbegeldversicherung sei nach Grund und Höhe unangemessen, weil sie auch Leistungen für eine Erbrechtsberatung enthalte, befand das Gericht.
Das BSG hob die LSG-Entscheidung auf und verwies das Verfahren zurück. Grundsätzlich könnten die Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung das Renteneinkommen mindern, so dass als Folge davon ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen bestehe. Im konkreten Fall konnte das jedoch nicht abschließend entschieden werden. Voraussetzung für den Abzug von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung vom Einkommen sei, dass eine „hinreichende objektive Zweckbestimmung der Versicherung“ vorliege. Das sei der Fall, wenn der Begünstigte der Sterbegeldversicherung ein potenziell Bestattungspflichtiger sei. Das müsse das LSG noch feststellen, so das BSG.
Dem Rentner könne nicht vorgeworfen werden, dass er im Sozialhilfebezug eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen habe und deren Beiträge mindernd berücksichtigt wissen wollte. Das Erreichen der Regelaltersgrenze stelle einen hinreichenden Grund für den Abschluss einer solchen Police dar. Die Höhe der Versicherungssumme von 5.000 Euro und die monatlichen Beiträge in Höhe von rund 38 Euro seien angemessen.
Der Umstand, dass die Sterbegeldversicherung auch eine Erbrechtsberatung beinhalte, führe nicht „per se“ zur Unangemessenheit. Solange die monatliche Beitragshöhe im Vergleich zu anderen angebotenen Versicherungen „nicht in einem auffälligen Missverhältnis“ stehe, sei dies - wie hier - nicht zu beanstanden, urteilte das BSG.
Bereits am 22. Juni 2022 hatte das LSG Stuttgart entschieden, dass eine Sterbegeldversicherung nur bei entsprechender Zweckbindung vor dem Zugriff der Sozialhilfe geschützt ist. In dem Rechtsstreit hatte eine 77-jährige Pflegeheimbewohnerin eine „Trauerfall-Direkt-Schutz-Versicherung mit Zuwachsgarantie“ abgeschlossen. Dabei handele es sich letztlich um eine Risikolebensversicherung, die dem Vermögensaufbau diene und nach dem Tod der Frau ohne jede Zweckbindung den Angehörigen zur Verfügung stehe, befand das LSG. Weil der Versicherungswert das Schonvermögen der Frau übersteige, könne der Sozialhilfeträger den Rückkaufswert der Versicherung als Vermögen berücksichtigen.
Besteht eine Sterbegeldversicherung, muss im Todesfall einer mittellosen Rentnerin zunächst dieses Geld für eine einfache Bestattung verwendet werden, urteilte das LSG Stuttgart am 13. April 2022. Erst wenn die Versicherungsleistung nicht ausreicht und die bestattungspflichtigen Hinterbliebenen die Bestattungskosten nicht tragen können, muss die Sozialhilfe einspringen. Das Geld aus der Sterbegeldversicherung darf dann aber nicht für einen teuren Grabstein verwendet werden, wenn ein ortsübliches Holzkreuz ausreicht, heißt es im Urteil.
Nach einem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2015 können sich Sozialhilfeempfänger auch die Beiträge für eine Sterbegeldversicherung erstatten lassen. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch sei, dass der Betroffene im Sterbefall mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit noch Sozialhilfe beziehen würde.
Az.: B 8 SO 8/23 R (Bundessozialgericht)
Az.: L 2 SO 126/20 (Landessozialgericht Stuttgart, Zweckbindung)
Az.: L 2 SO 1679/19 (Landessozialgericht Stuttgart, Holzkreuz)
Az.: S 4 SO 370/14 (Sozialgericht Karlsruhe)